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Milliardäre und Adelige stehen in seinem Adressbuch
Epsteins Spuren in die Schweiz

Milliardäre, Erben, Banker und ein Prinz: Auch Leute aus der Schweiz führte der Sexualstraftäter Jeffrey Epstein in seinem Adressbuch.
Publiziert: 07.12.2019 um 23:41 Uhr
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Aktualisiert: 08.12.2019 um 12:28 Uhr
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Jeffrey Epstein war auch in der Schweiz vernetzt.
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Tobias Marti

Es war ein Coup der besonderen Art: Das FBI hatte den «Heiligen Gral» gefunden. So nannte Jeffrey Epsteins Butler das Adressbuch seines Herrn. Der US-Multimillionär, ein verurteilter Sexualstraftäter, der sich im Alter von 66 Jahren in einer New Yorker Gefängniszelle erhängte, hält die Welt bis heute in Atem. Und sein Adressbuch ist eine potenzielle Bombe.

Der Butler versuchte das Verzeichnis für 50'000 Dollar zu verkaufen. Erfolglos. Vor fünf Jahren starb er an Krebs, seither galt es als verschollen. Jetzt ist es wieder da: 92 Seiten mit Namen, Adressen, E-Mails und Telefonnummern, privat oder geschäftlich – von Leuten, die Epstein kannte oder die er kennenlernen wollte.

Wer darin genannt wird, ist deswegen noch kein Verbrecher, erschien einem Verbrecher jedoch spannend genug für die zweifel hafte Ehre dieses Eintrags.

Wer wusste in der Schweiz von Epsteins Neigungen, hatte er hier Komplizen, Mittäter gar? Die meisten, mit denen er Kontakt hatte, gehen in Deckung. Der Fall ist heikel, Epstein war ein Mann mit einflussreichen Freunden.

Ein Dutzend Schweizer oder Personen mit Schweizer Wohnort

In dem kleinen schwarzen Büchlein sind Hunderte Prominente zu finden – von Donald Trump über Bill Clinton und Mick Jagger bis hin zu Naomi Campbell. Unter «Massage» stehen Dutzende Frauennamen samt Telefonnummern in Florida, Paris oder New York.

Und in der Schweiz?

Epstein war auch hierzulande gut vernetzt. SonntagsBlick fand in ­seinem Adressbuch ein Dutzend Schweizer oder Personen mit Schweizer Wohnort und hat sie kontaktiert, darunter einen Milliardär, der unter den reichsten 300 Schweizern rangiert, sowie einen Finanzjongleur, der gerne in prestigeträchtige Fussballklubs investiert. Warum stehen sie da? Warum interessierte sich Epstein überhaupt für sie? Kaum einer der Angeschriebenen antwortete. Mancher drohte gleich mit dem Anwalt.

Und alle versichern, sie seien dem Multimillionär nie begegnet.

So auch zwei Vertreter des Schweizer Unternehmens Sicpa, ­einer Firma, die Farben für Banknoten herstellt. Mehr als die Hälfte ­aller Geldscheine der Welt wird mit den Sicherheitsfarben dieses Unternehmens gedruckt. Auch die neue Schweizer Hunderternote.

Auch ein Adliger am Genfersee

Laut dem Firmensprecher war der Kontakt zu Epstein rein geschäftlicher Natur. Er sei vor einigen Jahren an die Sicpa herangetreten, um ihr seine Finanzdienste anzubieten. Der Sicpa-Sprecher: «Herr Epstein suchte nach Investoren für seinen Hedgefonds. Was aber nicht von Interesse war.» Es habe auch keine Fortsetzung gegeben.

Manche Namen auf Epsteins Liste gehören Aristokraten. Einer von ihnen ist am Genfersee zu Hause und in dieser Welt daheim. Der Mann, dessen Stammbaum bis ins Hochmittelalter zurückreicht, taucht häufig in den internationalen Klatschspalten auf. Auf Nachfrage bei der Familienstiftung zeigt man sich dort peinlich berührt: Die bedauerliche Namensnennung sei ­leider rein zufällig. Der Adlige* selbst weile derzeit im Ausland und könne keine Fragen beantworten.

Auch Finanzadlige finden sich auf der Liste. Da gibt es etwa einen Hedgefonds-Manager* aus der Westschweiz, der dank diverser Ehen ebenfalls auf die Klatschspalten abonniert ist. Seine Galas und Partys entzückten die globale Finanzelite. Vor Gericht musste er sich schon den Vorwurf anhören, er sei ein notorischer Fremdgänger, was er damals dementierte. «Danke für die Fragen. Kein Kommentar», schreibt sein Büro auf Anfrage. Tatsächlich hat der Betreffende derzeit andere Sorgen. Die Geschäfte laufen nicht mehr so gut.

Eigene Rubrik «Switzerland» im Adressbuch

Einen weiteren Finanzmagnaten* führte Epstein als Kontakt im Tessin. Auch dieser Mann war mit berühmten und schwerreichen Frauen liiert. Zu einer gewissen Prominenz brachte er es vor allem wegen seines ausschweifenden Lebensstils. Auch er will, wie er mitteilt, Epstein nicht gekannt oder auch nur getroffen haben.

Bereits im Herbst distanzierte sich Taki Theodoracopulos (81), Wahl-Gstaader und Erbe einer griechischen Reederei, öffentlich von Epstein, den er im Übrigen nie getroffen haben will. Auf seinem Internet-Kanal wählt er dafür markige Worte, ruft dem Verstorbenen sogar Beschimpfungen nach. Der habe Informationen über alle gesammelt, von denen er glaubte, dass sie ihm dienlich sein könnten: «Meine Adresse war einfach zu finden. Sie stand über Jahre im New Yorker Telefonbuch», verteidigt sich Theodoracopulos. Lediglich Ghislaine Maxwell – Epsteins Vertraute und Zuhälterin – habe er gekannt: «Sie war kein schlechtes Mädchen.»

Das Adressbuch weist eine eigene Rubrik «Switzerland» auf. Ob und wie oft Epstein hier war, ist nicht verbrieft. Im Flugbuch seines Jets, unter Eingeweihten als «Lolita Express» gerühmt und meist von Epstein selbst pilotiert, findet sich kein Hinweis auf Schweizer Flugplätze.

Unter Genf ist das Hotel Bristol gelistet, in St. Moritz GR werden das Hotel Steffani und der Cor­viglia Ski Club erwähnt (Epstein schreibt ihn «Corveglia») , ein exklusiver Verein für Erben, Monarchen und Prominente. Eine äusserst diskrete Gemeinschaft.

Darum gilt auch im Engadin, was für den Fall Epstein so typisch ist: Niemand will ihn gesehen haben. Niemand hatte mit ihm zu tun.

*Alle Namen bekannt

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