«Bevölkerung wünscht sich ein Boni-Verbot»
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Politologe zur CS-Umfrage:«Bevölkerung wünscht sich ein Boni-Verbot»

Den Schweizern reichts
Riesen-Mehrheit will CS-Verantwortliche zur Rechenschaft ziehen

Das Volk hat genug – von Missmanagement, Boni und faulen Ausreden. Das zeigt eine repräsentative Umfrage zum Untergang der Credit Suisse.
Publiziert: 25.03.2023 um 18:15 Uhr
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Aktualisiert: 27.03.2023 um 12:31 Uhr
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Der ehemalige CS-Präsident Urs Rohner kassierte über 43 Millionen Franken.
Foto: Keystone
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Danny SchlumpfRedaktor SonntagsBlick

Am Schluss genügte die Pleite einer amerikanischen Nischenbank, um die heruntergewirtschaftete Credit Suisse in den Abgrund zu stürzen. Am letzten Sonntag besiegelte der Bundesrat das Ende des Traditionshauses.

Die Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer steht hinter diesem Entscheid. Das zeigt eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Sotomo im Auftrag von SonntagsBlick mit 7407 Teilnehmenden aus der französisch- und der deutschsprachigen Schweiz. 56 Prozent der Befragten stimmen dem Bundesrat zu, dass weiteres Zuwarten zu unabsehbaren wirtschaftlichen Verwerfungen geführt hätte. Am stärksten ist der Zuspruch in der Mitte des politischen Spektrums, am schwächsten bei den Anhängern der SVP.

Mit der breiten Zustimmung zum magistralen Eingriff ist allerdings noch nichts über das konkrete Vorgehen gesagt. Der Bundesrat drängte die UBS zur Übernahme der taumelnden Konkurrentin. Dafür musste der Staat Garantien in Milliardenhöhe sprechen. Die Regierung griff auf Notrecht zurück und überging die Mitspracherechte der Aktionäre.

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Zwei Drittel geben Urs Rohner die grösste Schuld

Diese Lösung findet keinen Rückhalt in der Bevölkerung. Zwei Drittel der Befragten lehnen sie ab. Viel lieber hätten die Schweizerinnen und Schweizer gesehen, wenn der Staat die CS verstaatlicht und später verkauft hätte. 61 Prozent der Umfrage-Teilnehmenden hätten diese Variante bevorzugt. Eine Monster-UBS findet keine Unterstützung im Volk. Vier von fünf Befragten fordern deshalb auch, die UBS müsse die Inlandsgeschäfte der Credit Suisse wieder ausgliedern, um ein Klumpenrisiko zu vermeiden.

Dass der Bundesrat das Problem anders hätte lösen sollen, heisst aber nicht, dass die Bevölkerung ihn für das Desaster verantwortlich macht. Hier differenzieren Herr und Frau Schweizer in aller Deutlichkeit. Sie sind nicht über allfällige politische oder regulatorische Versäumnisse wütend, sondern über das Verhalten der CS-Kaderleute: 77 Prozent der Befragten kreuzten bei möglicher Mehrfachnennung das Missmanagement der CS-Führung als Anlass zum Ärger an.

Kein Wunder, herrscht auch Einigkeit, wenn es um konkrete Namen geht. Auf die Frage, wer in dieser Krise die schlechteste Figur gemacht habe, geben zwei von drei Befragten Urs Rohner (63) an, der von 2009 bis 2021 als CS-Präsident amtierte. Er kassierte über 43 Millionen Franken – und führte die Bank geradewegs in den Abgrund. Auf dem zweiten Platz der Hauptschuldigen landet der aktuelle CS-Präsident Axel Lehmann (64), der noch kurz vor dem Zusammenbruch verkündete, die Bank brauche sicher keine Staatsgelder.

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Seltene Einstimmigkeit

Keiner der Kaderleute, die das Geldhaus in den Ruin trieben, hat je Verantwortung übernommen. Der ehemalige Skandal-CEO Tidjane Thiam (60) liess noch diese Woche ausrichten, er habe einen hervorragenden Job gemacht. Doch solchen Bekräftigungen glaubt hierzulande niemand mehr. Im Gegenteil: die Schweizerinnen und Schweizer wollen, dass Rohner und Co. bezahlen – und zwar wörtlich: 96 Prozent aller Befragten fordern, dass die für den Untergang verantwortlichen CEOs und Verwaltungsräte der Credit Suisse finanziell zur Rechenschaft gezogen werden.

«So einstimmige Antworten habe ich noch nie gesehen», sagt Sotomo-Geschäftsführer Michael Hermann (51). «Besonders die einhellige Forderung nach finanzieller Haftung der Verantwortlichen ist eindrücklich. Sie zeigt den starken Kontrast zwischen der Selbstwahrnehmung der CS-Verantwortlichen und der Stimmung in der Bevölkerung.»

Jahrelang schlugen Bonus-getriebene CS-Banker sämtliche Warnsignale in den Wind und machten einfach weiter – bis es krachte. Aber Boni gehören nicht nur bei der Credit Suisse zum guten Ton. Banken auf der ganzen Welt setzen darauf. Und wehren sich bis heute gegen Forderungen, ihre Anreizsysteme zu überdenken. In der Schweiz lehnte das Parlament 2018 einen entsprechenden SP-Vorstoss ab. Doch jetzt kommt das Thema erneut aufs Parkett, auch von bürgerlichen Parteien.

Linke Positionen werden salonfähig

Rückenwind gibts aus der Bevölkerung, und zwar mit Wucht: Zwei Drittel der Schweizerinnen und Schweizer fordern ein Boni-Verbot für die hiesigen systemrelevanten Banken. Dazu gehören neben UBS und Credit Suisse auch Raiffeisen, ZKB und Postfinance. Am meisten Zustimmung kommt mit 83 Prozent aus den Reihen der SP-Wähler. Aber auch bei den SVP-Unterstützern sprechen sich 68 Prozent dafür aus.

Weniger als die Hälfte sind es nur bei den FDP-Sympathisanten: 38 Prozent. «Linke Positionen, die vorher nicht akzeptabel waren, werden nun auch im bürgerlichen Lager mehrheitsfähig», sagt Politologe Hermann. Die Bevölkerung sei nicht generell Kapitalismus-kritischer geworden. «Aber ihre Haltung zum Bankenkapitalismus hat sich eindeutig verschoben. Selbstbereicherung bei gleichzeitiger Wertevernichtung in enormen Dimensionen wird gesellschaftlich nicht mehr akzeptiert.»

Und das Volk erwartet, dass die Politik tätig wird: Sie soll die Verantwortlichen für das Desaster zur Rechenschaft ziehen. Und der ausser Rand und Band geratenen Risikokultur der Banken ein Ende setzen. Das Volk will aber auch, dass der Untergang der Credit Suisse sauber aufgearbeitet wird: 86 Prozent der Umfrage-Teilnehmenden fordern eine Parlamentarische Untersuchungskommission.

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