Frank A. Meyer – die Kolumne
Der Credit ist verspielt

Publiziert: 19.03.2023 um 00:08 Uhr
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Aktualisiert: 20.03.2023 um 13:12 Uhr
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Frank A. MeyerPublizist

Begriffe und Namen schwirren uns um die Ohren: SNB und Jordan und EZB und Lagarde und Finma und natürlich und immer wieder: Credit Suisse – der Begriff und der Name, um die sich alles dreht, auf den Titelblättern der Presse, in den internationalen Schlagzeilen zum Schweizer Debakel, vor dem die Finanzwelt zittert.

Credit Suisse – also Suisse.

Unser Land. Im Strudel. Hineingezogen von einer Bank, die das global bewunderte Gütesiegel Schweiz im Namen trägt – und damit ihre Geschäfte als solide etikettiert.

Aber fehlen in dieser verwirrenden Aufzählerei nicht einige Namen? Hier sind sie nachgetragen. Der Klarheit halber.

Brady Dougan zum Beispiel, oder Urs Rohner, dann Tidjane Thiam und Thomas Gottstein und António Horta-Osório – Zaubernamen der jüngsten CS-Geschichte, jeder von ihnen noch vor wenigen Jahren überlebensgross an der Spitze der Bank, vor allem gross im Nehmen:

In anderthalb Jahrzehnten kassierten die CS-Chefs 1,6 Milliarden Franken.

Jetzt muss die Bank von der Schweizerischen Nationalbank mit 50 Milliarden Franken «stabilisiert» werden, wie es abwiegelnd heisst. Ein angemessenes Wort wäre «gerettet».

Von wem genau? Von der Schweizer Nation! Also vom Volk!

Die Aktionäre in Amerika und Arabien atmen erleichtert auf.

Es wird sehr, sehr, sehr lange dauern, bis das zweitgrösste Kreditinstitut des Finanzplatzes Schweiz wieder internationale First-Class-Reputation beanspruchen darf. Auch wenn genügend Kredit in der Kasse klingelt:

Der Credit ist verspielt.

Misscredit Suisse.

Doch vielleicht verschluckt sich ja die UBS am toxischen Happen.

Was an all dem stört und was von all dem hängen bleibt, ist die Zuordnung: Suisse – Schweiz!

Ja, die Schweiz ist mitbetroffen von dem Fiasko, das Topkader der CS angerichtet haben: Der Eidgenossenschaft – um den ramponierten Begriff Suisse zu vermeiden – wurde durch die Geldmanager grosser Schaden zugefügt.

Geldmanager? Wäre Söldnerführer nicht treffender? Sie führten die einst edle Bank auf abenteuerliche Schlachtfelder. Sie verwickelten das ehedem konservative Finanzinstitut in riskante Gefechte. Sie setzten auf leichte Siege. Sie spekulierten. Sie unterliessen die Kontrolle fragwürdiger Geschäfte. Und erlaubten sogar strafrechtlich relevante Operationen.

Und dann spazierten sie davon, die Taschen prall gefüllt mit Gehalts- und Boni-Millionen.

1'600'000'000 Franken.

Führer führen. Das ist ihr Anspruch. Bankenführer bewegen unvorstellbare Summen. Und begründen damit die Unsummen, die sie selbst kassieren. Zur Rechtfertigung ihres horrenden Handelns bemühen sie immer wieder einen Begriff, der den Begriffen und Namen, die uns um die Ohren schwirren, hinzuzufügen ist:

Verantwortung!

Nur: Wo sind sie, die Verantwortlichen für das Versagen des von ihnen «geführten» Finanzinstituts? Müsste man sie nicht herbeizitieren, damit sie ihr Tun erklären, das ja vor allem aus Lassen bestand?

Der Staat rettet die CS. Deshalb muss er nun auch erfahren, wie es so weit kommen konnte. Aus dem Mund der Verantwortlichen. Zum Beispiel vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss.

Wer den Namen der Schweiz beschädigt, hat vor der Schweiz Rede und Antwort zu stehen.

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