Wer seinen Heizöltank für den kommenden Winter noch nicht gefüllt hat, dem dürfte beim Blick auf die aktuelle Preiskurve statt warm kalt ums Herz werden. Der Heizölpreis nähert sich dem diesjährigen Jahresrekord an. Warum zieht der Preis so stark an? Und was sollten Kundinnen und Kunden nun tun? Blick hat mit Branchenvertretern gesprochen und beantwortet die wichtigsten Fragen.
Wie stark sind Haushalte mit einer Ölheizung betroffen?
Hausbesitzer zahlten Mitte Juni in der Region Zürich für 3000 Liter gegen 3090 Franken oder – wie üblicherweise gerechnet wird – 103 Franken pro 100 Liter. Mitte August mussten sie etwa 10 Franken mehr pro 100 Liter auf den Tisch legen. Seither hat der Heizölpreis aber erneut deutlich zugelegt. Bei 124 Franken pro 100 Liter kostet der volle Tank 3720 Franken. Damit hat sich die Tankfüllung innerhalb von drei Monaten um 630 Franken verteuert. Tendenz weiter steigend. Wichtig: Die Preise können je nach Anbieter und Region deutlich variieren.
Wie steht es um die Füllstände in den Haushalten?
Bei den Kunden von Tanner Oel mit Sitz in Gachnang TG sind die Füllstände im langjährigen Vergleich relativ hoch, sagt Geschäftsführer Christophe Schifferle. «Das liegt auch am milden, vergangenen Winter, in dem der Verbrauch sehr tief war.» Das gilt auch für den warmen Sommer und Herbstbeginn. Ähnlich sieht es bei der Firma Oel-Hauser mit Sitz in Wädenswil ZH aus: «Die Tanks unserer Kunden waren per Ende August zu 53,5 Prozent gefüllt. Damit ist der Pegel leicht höher als in den Vorjahren», sagt Verkaufsleiter Slavisa Lazic (45).
Füllen derzeit viele Kunden ihre Tanks auf?
Nein. Bei Tanner Oel und Oel-Hauser gehen aktuell relativ wenig Bestellungen ein. Ein Teil der Kunden hat den Tank bereits im Frühling oder Sommer nachgefüllt. Jetzt schrecken die hohen Preise die Kunden ab. Beim Heizölkauf ist der Preis deutlich entscheidender als die Jahreszeit. «Die Haushalte haben je nach Tankgrösse genug Reserven, dass sie mit dem Bestellen auch mal 1,5 Jahre warten und auf sinkende Preise hoffen», sagt Lazic.
Sollte man den Tank trotz des hohen Preises jetzt füllen oder besser abwarten?
Schifferle und Lazic halten sich mit Empfehlungen zurück. Die beiden Experten sehen jedoch eine ganze Reihe von Gründen, warum die Preise in den kommenden Monaten weiter steigen könnten. So haben derzeit mehrere Raffinerien ihre Produktion heruntergefahren, weil sie Wartungsarbeiten durchführen. Zudem sind die Frachtkosten auf dem Rhein derzeit über dreimal tiefer als noch im Juli. «Diese Kosten dürften in den kommenden Wochen und Monaten eher wieder anziehen», sagt Schifferle. Ab kommendem Jahr schlägt dann noch die höhere Mehrwertsteuer auf den Preis. Wer für den Winter noch Bedarf hat, macht demnach trotz hohem Preis derzeit mit einer Bestellung wohl wenig falsch.
Warum ist der Preis in den vergangenen Wochen so stark gestiegen?
Die Organisation der erdölexportierenden Länder OPEC hat ihre Fördermengen im Juli erneut deutlich gedrosselt. Seit Jahresbeginn ist das weltweite Erdölangebot damit um fünf Prozent gesunken. Gleichzeitig hat der weltweite Ölverbrauch gegenüber dem Vorjahr um zwei Prozent zugelegt. Pro Tag werden 2,2 Millionen Fässer Öl à 159 Liter mehr verbraucht. «Das liegt vor allem an der grossen Nachfrage aus China, im Flugverkehr und in der Petrochemie», sagt Lazic. Die Petrochemie umfasst die Produktion von Alltagsprodukten wie Kunststoffen oder Weichmacher auf Erdölbasis.