So tief hat wohl noch selten ein Nationalbankpräsident in die Mottenkiste der Geschichte gegriffen: Thomas Jordan (57) bemüht die über 100-jährige Tradition der Schweizer Notenbank, um die Unabhängigkeit der SNB zu verteidigen. Dies zeigt, wie stark der Druck auf das Direktorium der SNB sein muss, in Zeiten von Corona die Geldschleusen zu öffnen. Mit dem Beharren auf eigenständigen Entscheiden der Währungshüter sei die Schweiz bisher immer gut gefahren.
Damit hat Jordan einen Punkt. Viele Untersuchungen zeigen, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen der Unabhängigkeit der Nationalbank und dem Wohlstand eines Landes gibt. Die Finanzierung der Staatsfinanzen durch die Notenpresse führt über kurz oder lang zum Kollaps von Währung und Wirtschaft. Das lässt sich in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern immer wieder beobachten. Das kann nicht der Weg der Schweiz sein – Corona hin oder her.
Gleichwohl würde der Nationalbank ein allmähliches Umdenken durchaus gut anstehen. Denn wir alle müssen uns an eine neue Normalität anpassen – das gilt auch für die SNB und ihre Geldpolitik. Nur kann das die Nationalbank nicht im Alleingang entscheiden. Das ist Aufgabe der Politik. Braucht es ein neues Mandat für die SNB? Diese Frage muss die Politik in einem transparenten und demokratischen Prozess entscheiden – und nicht einfach nach den Geldtöpfen der Währungshüter greifen.