«Kennt der Bundesrat ein Gesetz, das mir nicht bekannt ist?»
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Rechts-Experte zu CS-Übernahme:«Kennt der Bundesrat ein Gesetz, das mir nicht bekannt ist?»

Das Ende der Credit Suisse
Von der Escher-Bank zur Krisen-Anstalt

Am 16. Juli 1856 gründete Alfred Escher die Schweizerische Kreditanstalt – jetzt endet ein Stück Schweizer Wirtschaftsgeschichte.
Publiziert: 19.03.2023 um 18:25 Uhr
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Aktualisiert: 19.03.2023 um 21:53 Uhr
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Das Ausland vergleicht den Geschäftssitz der Credit Suisse am Zürcher Paradeplatz oft mit einem Grandhotel.
Foto: Getty Images
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Ulrich RotzingerWirtschaftschef

Der Brunnen – ein Kunstwerk – ist der Blickfang im Zentrum des von Säulen und Mamorfliessen umstellten Lichthofs der Credit Suisse: Die «Fontaine du désir». Während die «Quelle der Begierde» heute mehr denn je zu sprudeln scheint, könnten die Lichter des Traditionshauses im Herzen Zürichs nun für immer ausgehen.

Manch einem mag es bei diesem Gedanken kalt den Rücken runterlaufen. Die Credit Suisse ist systemrelevant, immens wichtig für den Finanzplatz, für unsere Wirtschaft – sie hält zusammen mit anderen den Zahlungsverkehr von Schweizer Unternehmen und Kleinsparern am Laufen. Eine Grossbank mit einer ebenso grossen Geschichte.

Damals vor 167 Jahren war die Schweiz, was Banken betrifft, ein Entwicklungsland. Wenig geeignet also für den industriellen Aufbruch, wie ihn Alfred Escher (1819 – 1882) anstrebte. Um den Eisenbahnausbau in der Schweiz zu finanzieren, gründete der Vater der modernen Schweiz eine eigene Bank, die erste der Stadt Zürich: Die Schweizerische Kreditanstalt (SKA).

Erste Bank der Stadt Zürich

Die SKA nimmt am 16. Juli 1856 ihre Tätigkeit auf – ihr erstes Signet besteht aus drei geschwungenen Anfangsbuchstaben. Damals war Escher gerade mal 37 Jahre alt. Seine Kunden waren Fabrikanten und zwinglianisch-freisinnige Grossbürger.

Den SKA-Geschäftssitz am Paradeplatz eröffnete Escher im Jahr 1873. Ausländische Medien vergleichen den Prachtbau heute noch oft mit einem Grandhotel, die UBS-Liegenschaft schräg gegenüber wirke dagegen wie ein in den 1980ern stehengebliebenes Migrationsamt.

Die Kreditanstalt finanzierte damals aber nicht nur den Eisenbahnbau. Die Rentenanstalt (heute Swiss Life) war anfangs eine Filiale der SKA. Starthilfe leistete die Escher-Bank bei der Schweizer Rück (Swiss Re), der Helvetia Feuer, der Schweizerischen Allgemeine, dem Versicherungsverein (Zurich Financial Serivces), der Basler Handelsbank, dem Bankverein (heute UBS).

Chiasso-Skandal und Rainer E. Gut

Die Kreditanstalt leistete nicht nur Starthilfe für bedeutende Unternehmen, sie sorgte auch für Skandale. Der erste grosse war der Chiasso-Skandal im Jahr 1977. Im Vorjahr hatte sich die Bank zum Jubiläum noch das SKA-Blau und ein neues Signet («Wermelinger-Kreuz») geschenkt, verteilte zu PR-Zwecken fast eine Million Skimützen. Im Tessin platzte ein Milliarden-Betrugsfall – die Bankgesellschaft, Bankverein und Nationalbank wollten mit Krediten helfen, doch die SKA lehnte Kredite ab, meisterte die Krise mit eigenen Mitteln.

Im Chiasso-Skandaljahr kam Rainer E. Gut (90) an die Spitze der Kreditanstalt. Mit dem mächtigen Schweizer Bankmanager und heutigen Ehrenpräsident der Credit Suisse mutierte die Bank in den 80ern zum internationalen Konzern, zum Global Player. Die Kultur des amerikanischen Investmentbankings hielt Einzug.

Kreditanstalt an der Wallstreet

In New York an der Wallstreet entstand 1988 die CS First Boston. Ein Jahr später wurde der SKA und weiteren Beteiligungen die CS Holding übergestülpt. Bestand hatte diese Struktur nicht lange. Im Jahr 1997 wurde daraus die Credit Suisse Group mit vier autonomen Geschäftseinheiten. Der ehrwürdige Name SKA verschwindet.

Hohe Risiken, hohe Gewinne, hohe Boni: Die Tradition des Swiss Bankings mit der Vermögensverwaltung wurde zunehmend von angelsächsischer Profitmaximierung überlagert.

Die Auswüchse Letzterer manifestieren sich in der Finanzkrise. Im Februar 2007 kündigte der damalige CS-CEO Oswald Grübel (79) mit der Präsentation eines Rekordergebnisses seinen Rücktritt an. Investmentbanker Brady W. Dougan (63) übernimmt das Ruder.

UBS braucht Staatshilfe, CS kommt ohne aus

Während die UBS vom Staat im Jahr 2008 gerettet werden musste, kann die Rivalin Credit Suisse ohne direkte staatliche Hilfsmilliarden überleben. Dafür holt sie sich mit einem unvorteilhaften Deal die Katarer an Bord.

Gleichzeitig tobt eine Wirtschaftskrise von historischem Ausmass. Was mit völlig undurchschaubaren Bankgeschäften begann, hat die ganze Weltwirtschaft ins Taumeln gebracht. Rund um den Globus versuchen Regierungen, mit Hilfsaktionen Schlimmeres zu verhindern. Die Regulierungen wurden auch in der Schweiz ausgebaut.

Erneut zum Konzernumbau kommt es dann im 150. Jubiläumsjahr der Escher-Bank. Sie erhält ein neues Logo und die One-Bank-Strategie verpasst. Ende 2016 wird im Zuge der Too-Big-to-Fail-Gesetzgebung das schweizerische Geschäft der Grossbank in die neu gegründete Credit Suisse (Schweiz) AG übertragen. Mit nun Tidjane Thiam (60) an der CS-Spitze, der 1999 als Minister der Elfenbeinküste gestürzt wurde, soll die Bank auch wieder für Kunden auf dem Heimmarkt schön gemacht werden.

Unschön nur, dass dann der Reigen an Pannen, Skandalen und Fehltritten des Managements erst so richtig begann. Mit nun traurigen Folgen für eine grosse Bank, mit einer grossen Geschichte, an die die bronzene Plastik von Visionär und Bankgründer Alfred Escher am Hauptbahnhof in Zürich auch unsere Nachfahren erinnern wird.


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