Eigentlich wollten sie über die endlich überstandenen Corona-Turbulenzen der Aviatik-Branche reden. Und volle Kraft in das Sommergeschäft stecken, wie Helvetic-Patron Martin Ebner (77) sagt.
Blick trifft Ebner und seinen CEO Tobias Pogorevc (51) zum Hangargespräch am Flughafen Zürich. Seit der Einladung zum Event vor einigen Wochen hat sich die Lage dramatisch verändert: Russland ist in die Ukraine einmarschiert – Krieg in Europa!
«Unglaublich», sagt Martin Ebner zu Blick. Der Konflikt stimmt ihn nachdenklich – das Schicksal der Menschen lässt ihn nicht kalt: «Es ist schrecklich für die Leute vor Ort. Die Ukrainer tun mir sehr leid», sagt er. Auch wirtschaftlich macht sich Milliardär Ebner seine Gedanken. Er malt schwarz für das Land: «Die Ukraine war auf dem aufsteigenden Ast. Das Land hat 44 Millionen Einwohner. Doch jetzt werden sie um Jahre, vielleicht Jahrzehnte zurückgeworfen.»
Grounding wegen Ukraine-Krieg?
Gerade für die Aviatik-Branche sei die Ukraine ein wachsender Markt gewesen. Billigflieger wie Ryanair oder Wizz hätten in den vergangenen Jahren viel in das Land investiert. «Diese Airlines sind stark betroffen. Doch aufgrund ihrer Grösse sollten sie das finanziell überstehen», meint Ebner. Anders sieht es für kleinere Fluggesellschaften aus.
Ein Paradebeispiel ist Finnair. Die Finnen sind mit ihren Verbindungen auf den russischen und ukrainischen Luftraum angewiesen. Doch dieser ist nun geschlossen. «Diese Airlines können nicht über Nacht ihr Geschäftsmodell ändern», gibt Ebner zu bedenken. Die grosse Frage: Greift jetzt der finnische Staat ein? Und für wie lange? «Dieser Krieg kann unter Umständen das Grounding für solche Fluggesellschaften bedeuten», sagt Ebner.
Ebner unterstützt Sanktionen gegen Russland
Dann wird der Helvetic-Chef politisch. Anders als viele seiner SVP-Kollegen stimmt er dem Bundesrat zu. «Es war richtig, die EU-Sanktionen gegen Russland mitzutragen. Das ist mit der Schweizer Neutralität vereinbar», sagt er. Schliesslich könne die Schweiz nicht untätig zusehen, wenn ein Land die Souveränität eines anderen Landes auf diese Art und Weise verletze. Ebner: «Russland hat eine rote Linie überschritten!»
Seine Regionalfluggesellschaft Helvetic ist vom Krieg nur am Rande betroffen. «Wir hätten ab April einige Flüge für die Swiss nach Kiew übernehmen sollen. Diese fallen nun natürlich weg», sagt CEO Tobias Pogorevc im Gespräch mit Blick. Er ist überzeugt: «Diese Sanktionen werden den Russen richtig wehtun.» Aber nicht nur russische Airlines seien betroffen. «Auch viele Leasing-Gesellschaften, die in Russland stationiert sind, werden darunter leiden.»
Helvetic muss Flugrouten ändern
Helvetic beobachte die Lage ständig. Derzeit gebe es noch keine Anpassungen beim Sommerflugplan. «Aber es stellen sich uns operationelle Herausforderungen. So werden wir einige Flugrouten aufgrund der Sanktionen anpassen müssen», sagt Pogorevc. Finanziell gesehen könnte die Nachfrage für Helvetic-Flüge in die Nähe des Krisengebiets leiden – beispielsweise nach Rumänien oder in die Türkei.
Ansonsten bleibt Pogorevc trotz Ukraine-Krieg zuversichtlich fürs Sommergeschäft. «Es wird derzeit sehr gut gebucht. Die Schweizer wollen nach zwei Jahren endlich wieder verreisen.»
Der Helvetic-CEO stellt sich eine Auslastung von über 80 Prozent im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019 vor. «Einige Destinationen werden auch neue Rekorde verbuchen», sagt Pogorevc und meint damit Flüge nach Griechenland, Spanien und Südfrankreich.