Für die Credit Suisse ist 2021 ein Jahr zum Vergessen. Zuerst verzockt sich die Grossbank mit den Greensill-Fonds, dann verspekuliert sie sich mit dem pleitegegangen US-Hedgefonds Archegos. Resultat: ein Milliardenverlust für die CS und ihre Aktionäre. Noch grösser ist der Reputationsschaden, den die zweitgrösste Schweizer Bank davon trägt.
Im Frühsommer sollte mit dem neuen Präsidenten António Horta-Osório (57) alles besser werden. Der Portugiese startete mit viel Vorschusslorbeeren – er soll am Paradeplatz einen Kulturwandel herbeiführen. Doch seit der Spitzenbanker von Queen Elizabeth II. (95) für seine Verdienste für die britische Wirtschaft im Juni zum Ritter geschlagen wird, geht es steil abwärts.
Da sind einerseits die Gerüchte um einen Machtkampf mit CS-CEO Thomas Gottstein (57), die tagelang die internationale Finanzpresse dominieren. Und andererseits der Quarantänebruch des Präsidenten, den Blick Anfang Dezember enthüllt. Die Leistung der Credit Suisse widerspiegelt der Aktienkurs schonungslos wieder: In einem fulminanten Börsenjahr verliert die Bank mehr als 22 Prozent!
CS schenkt Angestellten zwei Ferientage
Trotz all diesen Skandalen gab es für die CS-Mitarbeitenden in der Schweiz ein schönes Weihnachtsgeschenk: ein zusätzlicher Ferientag – bezahlt. Sowohl am 24. Dezember wie auch heute am 31. Dezember müssen die Angestellten nicht zur Arbeit erscheinen, wie Blick erfahren hat. Anstatt wie üblich je ein halber Tag wird ihnen jeweils ein ganzer Tag «geschenkt». Nur wer am Schalter arbeitet, muss bis am Mittag die Stellung halten.
Die Credit Suisse bestätigt dies auf Anfrage. Sprecher Markus Jaggi ergänzt: «Mitarbeitende, die an einem dieser Tage in den Geschäftsstellen arbeiten – oder in anderen Unternehmensfunktionen, die während dieser Zeit arbeiten müssen – können den zusätzlichen Urlaub zu einem späteren Zeitpunkt beziehen.»
CS-Kunden wütend wegen Horta-Osório
Die Verschnaufpause können die CS-Banker gut gebrauchen. Gerade die Angestellten mit direktem Kundenkontakt mussten in den vergangenen Wochen mächtig einstecken. Die Kunden reagierten teilweise erbost auf den Quarantänebruch Horta-Osórios in der Schweiz – und machten ihrem Ärger in den Schalterhallen der CS-Filialen Luft. Immer wieder wurde es laut, wie Blick weiss.
Die CS war sich der Problematik früh bewusst. Bereits kurz nach den Enthüllungen dieser Zeitung wies sie ihre Mitarbeitenden an, wie sie in diesem Fall gegenüber den Kunden zu reagieren haben. Doch dass die Angestellten den Ärger ausbaden müssen, den ihnen ihr hochdotierter Chef eingebrockt hat, stösst vielerorts auf Unverständnis.
CS gibt wegen Quarantäne-Skandal frei
Revanchierte sich die CS-Spitze nun mit zwei freien Tage über die Festtage beim Personal? Laut einem Insider soll das Weihnachtsgeschenk den Mitarbeitenden als Verschnaufpause und Wiedergutmachung dienen. Hätte Horta-Osório die Quarantäne nicht gebrochen, wären die Angestellten jetzt am arbeiten!
Die Credit Suisse hält sich über die Beweggründe für die zusätzlichen Ferientage auf Anfrage bedeckt. Ob diese direkt mit dem Quarantänebruch des Präsidenten in Zusammenhang stehen, wollte die Bank weder bestätigen noch dementieren.
Interne Untersuchung eingeleitet
Klar ist: António Horta-Osório sorgt für mächtig viel Unruhe in der Bank. Und am Mittwoch folgte der nächste Schlag: Der CS-Präsident soll laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters bereits im Sommer gegen die Quarantäne-Richtlinien verstossen haben. Die Credit Suisse habe deswegen eine interne Untersuchung gegen ihn eingeleitet.
Bei internen Überprüfungen habe die Rechtsabteilung der Bank festgestellt, dass Horta-Osório im Juli bei einer Reise nach England zum Wimbledon-Endspiel britische Covid-Regeln missachtete. Bemerkenswert: Auch hier hüllt sich die CS in den Mantel des Schweigens. Auf Anfrage will die Bank die Berichte nicht weiter kommentieren – aber auch nicht dementieren!
Grossaktionär stützt Präsidenten
Die Anzeichen verdichten sich kurz vor Silvester: Die Tage von Horta-Osório könnten gezählt sein. Allerdings gibt es auch gewichtige Unterstützung für den Portugiesen. «Wir unterstützen die Bemühungen des Verwaltungsratspräsidenten zu 100 Prozent und sind überzeugt, dass er die CS auf den Weg der Besserung bringt», erklärte Harris-Associates-Anlagechef David Herro am Donnerstag gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.
«Wir betrachten diese kleineren Verstösse als reine Ablenkungen, und der Fokus muss auf dem Hauptproblem liegen, um das es geht: der Turnaround der CS.» Harris ist der drittgrösste Aktionär des Schweizer Instituts. Herro hatte sich bereits hinter den Ex-CS-Tidjane Thiam (57) gestellt. Bekanntermassen mit bescheidenem Erfolg, Thiam trat nach der Beschattungsaffäre im Februar 2020 zurück.
Entscheidend dürfte sein, wie das Verdikt von Severin Schwan (54) über Horta-Osório ausfallen wird. Der Konzernchef von Roche ist Vizepräsident des CS-Verwaltungsrates, hatte sicher ein gewichtiges Wort bei der Auswahl des Portugiesen mitzureden. Wird der gebürtige Österreicher des Wirbels um seinen Präsidenten überdrüssig, dann dürfte es für Horta-Osório eng werden.