Die Schweizer Impfkampagne macht noch Sommerferien. Das ist auch in Deutschland so. Doch im Nachbarland drückt seit Tagen der mächtige Einzelhandelsverband HDE auf die Tube. Namhafte Ladenketten wie Rewe, Edeka, Ikea und der Mediamarkt-Mutterkonzern Ceconomy schmieden ein Bündnis, um Impfzögerer zum Piks zu bringen.
Sie sollen sich das Vakzin so einfach wie möglich holen können – praktisch während des Einkaufs. «Nur mit einer wirkungsvollen und schnellen Impfkampagne können wir die Pandemie nachhaltig zurückdrängen und uns dauerhaft mehr Normalität auch beim Einkaufen zurückerobern», sagt HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth (58). Deshalb müsse es jetzt darum gehen, möglichst viele Menschen von der Impfung zu überzeugen.
Deutschland top, Schweiz ein Flop
Und bei uns in der Schweiz? Landesweit gibt es ein paar zaghafte regionale Mobilisierungsversuche von Detailhändlern, zum Beispiel bei Ikea in Luzern sowie Coop und Migros im Kanton Aargau in Zusammenarbeit mit dem Departement Gesundheit und Soziales. Allerdings finden sich die mobilen Impfstationen – kein Termin notwendig – nur an ausgewählten Standorten. Die Abstellplätze stellen die Detailhändler bereit, die Impfmobile und -zelte stellt der Kanton. Seit Anfang Juli haben sich insgesamt 1035 Personen mobil geimpft, heisst es beim Kanton.
Es gibt aber keine konzertierte Aktion, kein schweizweites Handelsbündnis. Die Swiss Retail Federation (SRF) will das ändern. Der grösste Händlerverband der Schweiz – zu den Mitgliedern gehören beispielsweise Ikea, Lidl, Spar, Conforama und Decathlon – ist überzeugt: Eine Rückkehr zur Normalität gibt es nur, wenn sich deutlich mehr und schneller den Corona-Piks holen.
Absprachen mit BAG und Seco laufen
BLICK weiss: Am Donnerstag findet ein Treffen der SRF-Geschäftsleitung mit BAG- und Seco-Vertretern statt. Die Detailhändler um Direktorin Dagmar Jenni (53) wollen der ins Stocken geratenen Impfkampagne neuen Schub verleihen. In Zukunft sollen sich Impfwillige in der ganzen Schweiz auch beim Einkaufen impfen lassen können. Die Hoffnung: Dank ihrem engmaschigen Netz werden die Ladenketten viele Menschen erreichen. Darunter auch solche, die den Gang zur Apotheke oder ins Impfzentrum auf die lange Bank geschoben haben. So kann man ihnen das Impfen leichter machen, so die Idee.
«Wir wollen jetzt an Zug und Dynamik gewinnen und tun, was wir können. Ideen haben wir, müssen es aber mit dem BAG absprechen», sagt SRF-Direktorin Jenni zu Blick. «Wir appellieren schon länger an unsere Kundinnen und Kunden und ebenso an unsere Beschäftigten, die Impfangebote anzunehmen.» Die Entscheidung, sich impfen zu lassen, müsse aber jeder Einzelne individuell und freiwillig für sich persönlich treffen.
So wollen Detailhändler Impfzauderer ins Boot holen
Wie die Impfkampagne der Detailhändler aussehen könnte? Wiederholte Impfempfehlung der Detailhändler an Mitarbeiter, Impf-Broschüren an den Service-Schaltern auslegen, Kampagnen in den sozialen Medien oder eine Info-Line über Betriebsärzte. Auf Parkplätzen vor den Läden sollen mobile Impfstationen oder -busse aufgestellt werden. Für den Piks vor oder nach dem Einkauf. Wer die Mittel dafür bereitstellt, will man mit den Behörden und Kantonen klären.
Grossverteiler Coop überlegt sich in dessen, wie man selbst aktiv werden könnte. «Wir prüfen fallweise, in welcher Form Coop die nationalen und kantonalen Impfangebote unterstützen kann, so wie aktuell beim mobilen Impfen im Kanton Aargau», sagt eine Sprecherin.
Gleichzeitig empfiehlt die Swiss Retail Federation ihren Mitgliedern, die Ferienrückkehrer unter den Angestellten, insbesondere wenn sie nicht geimpft oder genesen sind, zum Testen zu animieren. Jenni: «Der Detailhandel will mit seinem Appell und Engagement wachrütteln und motivieren. Jetzt heisst es impfen, impfen, impfen – dann Freiheiten in vollen Zügen geniessen.»