50'000 private Betten von Privaten sind schweizweit derzeit frei für ukrainische Flüchtlinge. Und doch: Die Behörden haben die Ukrainerinnen und Ukrainer lieber in Kollektivunterkünften. Die grösste davon wird derzeit am Stadtrand von Bern erstellt. 1000 Flüchtlinge sollen dort eine Bleibe finden.
Doch kaum gebaut, ist die Massenunterkunft schon in den Negativschlagzeilen. Ueli Salzmann, Architekt und Experte für Notunterkünfte, kritisiert die temporäre Flüchtlingsunterkunft scharf. Konkret: Sie genüge den humanitären Mindeststandards nicht. «Eine solche Siedlungsarchitektur verwenden wir in unseren Schulungen als Beispiel dafür, wie man es nicht machen sollte», sagt er dem «Tages-Anzeiger».
Falsche Raumaufteilung
Salzmann war in den letzten 30 Jahren immer wieder für die Uno, das Internationale Rote Kreuz und die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) im Einsatz. In dieser Zeit hat er über 100 Notunterkunfts-Siedlungen geplant und Fachleute für solche Planungen geschult.
Seine Kritik ist deutlich: «Grundfalsch» sei es, was der Kanton Bern baut. Humanitäre Mindeststandards würden nicht eingehalten. Die Gänge seien zu eng, die Raumaufteilung falsch. Zudem habe es viel zu wenig Wohnfläche.
Gefahr von sexuellen Übergriffen
Konkret: Es werden 3800 Quadratmeter Wohnfläche erstellt für 1000 Flüchtlinge. Mach 3,8 Quadratmeter pro Person. Deren 15 für eine vierköpfige Familie. Für Salzmann ist klar: «Mit so engen Platzverhältnissen eskalieren an sich harmlosen Konflikte.» Das Flüchtlingslager in Lesbos, das im September 2020 von einem Brand zerstört worden ist, sei ähnlich angelegt gewesen.
Damit nicht genug: Die Platzierung der Container berge Risiken für sexuelle Übergriffe. Der Grund: Kinder, Frauen und Männer müssen die gleichen engen Gänge auf dem Weg zu Duschen und Toiletten benutzen. (pbe)