Chopfab aus Winterthur kämpft ums Überleben – verschwinden lokale Biermarken bald?
«Die Kleinen haben es besonders schwer»

Bleibt der konkursbedrohte Winterthurer Bierhersteller kein Einzelfall? Der Branchenverband bestätigt Blick ein härteres Marktumfeld. Und gemäss einem Szenekenner leiden besonders die kleinen Betriebe.
Publiziert: 19.02.2024 um 19:17 Uhr
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Philip Bucher, CEO und Miteigentümer der Brauerei Chopfab Boxer, steckt mit seinem Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten.
Foto: Siggi Bucher
Michael Hotz
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Die Krise beim Winterthurer Bier Chopfab

Die Winterthurer Brauerei Chopfab Boxer kämpft ums Überleben. Das Unternehme steckt in solch schwerwiegenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten, dass das Fortbestehen auf dem Spiel steht. Die Tragweite sei «gravierend», sagte Philip Bucher (49), Chef und Gründer der Brauerei, gegenüber der Handelszeitung. «Ohne Sanierungsmassnahmen ist der Fortbestand der Gesellschaft nicht gesichert.»

Chopfab Boxer steckt seit Dezember in der Sanierung. Das Ziel: ein Schuldenschnitt und eine anschliessende Rekapitalisierung. Das nötige Geld dafür soll von der Ostschweizer Konkurrenz kommen. So will die Appenzeller Brauerei Locher bei Chopfab Boxer einsteigen. Laut Handelszeitung wird der Quöllfrisch-Produzent wohl die Aktienmehrheit des Winterthurer Unternehmens übernehmen. Chopfab Boxer soll aber zumindest organisatorisch unabhängig bleiben.

Bis jetzt war die 2013 als Doppelleu ins Leben gerufene Brauerei eine Erfolgsgeschichte. Gut zehn Jahre nach Gründung gehörte Chopfab Boxer mit 3 Prozent Marktanteil schon zu den zehn grössten Brauereien der Schweiz. Die Winterthurer haben ihre ambitionierten Expansionspläne sehr stark über Fremdkapital finanziert, was ihnen schon mehrfach finanzielle Engpässe bereitet hat. Denn gemäss den Tamedia-Zeitungen hat die Brauerei seit Jahren ihre Rechnungen nicht pünktlich bezahlt. Im Umfeld mit höheren Zinsen scheint die Geschäftsstrategie der Bier-Firma nun nicht mehr aufzugehen.

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Zahlen zeigen Rückgang: Rauer Markt für Schweizer Brauereien

Chopfab Boxer ist nicht alleine: Generell sieht sich die hiesige Brauerei-Branche mit Herausforderungen konfrontiert. So sagt Marcel Kreber (55), Geschäftsführer des Schweizer Brauerei-Verbands (SBV), zu Blick: «Fakt ist, dass das Umfeld in einem stagnierenden Markt rauer geworden ist».

Laut dem SBV mache den Brauereien die «seit einiger Zeit gestiegene Rohstoff- und Energiepreise» zu schaffen. Zudem ist auch die Konsumentenstimmung getrübt. Nach SBV-Berechnungen verzeichnete der Schweizer Biermarkt im Braujahr 2022/23 ein Minus von 2,5 Prozent im Vergleich zur Vorjahresperiode.

Der vor rund zehn Jahren aufgekommene Bier-Boom kam 2022 plötzlich zum Halt. Ein gewichtiger Grund: Während Corona litten die Schweizer Biermacher unter den «weitreichenden gastronomischen und gesellschaftlichen Einschränkungen», wie es SBV-Chef Kreber ausdrückt. Das zeigt sich auch in den offiziellen Zahlen zur Branche. Ab den 1990er Jahren stieg die Anzahl der steuerpflichtigen Brauereien laut Angaben des Bundesamts für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) von bloss 32 auf 1278 im Jahr 2021. Im Folgejahr kam dann der Einbruch, 2022 waren es dann nur noch 1179 Brauereien, also 99 weniger.

Seither hat sich die Szene wieder aufgefangen. Der Abwärtstrend ist gestoppt – mit minimalem Trend nach oben. Im Januar 2024 waren dem BAZG 1192 Brauereien gemeldet.

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Branchenkenner: «Die grossen Brauereien sind die besten Logistiker»

Mit den knapp 1200 Bier-Produzenten gilt die Schweiz als Land mit der grössten Brauereidichte. Den Grossteil machen die Hobbybrauer aus. Wenn einige von ihnen aus Zeit- oder Kostengründen aufhören, ändert sich am grossen Ganzen fast nichts: Rund 50 Brauereien produzieren 99 Prozent des Schweizer Biers. 

Gerade die Grossen mit ihren Schweizer Brands haben gegenüber der kleineren Konkurrenz Vorteile. Sie können die hohen Produktionskosten auf grössere Absatzmengen verteilen. Was Feldschlösschen und Co. vom Rest auch noch abhebe, seien die professionellen Vertriebe, so Stefan Müller (56), Gründer und Inhaber der Getränke-Kette Drinks of the World: «Die grossen Brauereien sind die besten Logistiker.»

Trotz abnehmendem Bierkonsum büssen die grossen Hopfensaft-Manufakturen auch nicht an Absatz ein, so Branchenkenner Müller. «Die Grossen schaffen es unter anderem mit Aktionen, ihre Volumen zu halten.» Entsprechend hätten es kleine Brauereien im aktuellen Umfeld besonders schwer, bilanziert er. Ein Exodus von Schweizer Biermarken ist nicht zu erwarten: «Lokales Bier hat eine Chance, wenn man eine klare Strategie verfolgt und es eben auch lokal bleibt.»

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