Daniel Kolbe (50) organisiert mit seinem Catering-Unternehmen Dolce Far Niente 180 Anlässe im Jahr. Eigentlich. Allein in den letzten Tagen sind drei kurzfristig abgesagt worden.
Viele Unternehmen bekommen angesichts der steigenden Corona-Fallzahlen kalte Füsse, lassen ihre Weihnachtsfeiern platzen – und nehmen das Heft damit selber in die Hand. Denn der Bundesrat wartet ab mit weiteren Massnahmen.
Erst nach der Abstimmung über das Covid-Gesetz am Sonntag könnte die Schraube angezogen werden, wird in der Wirtschaft gemunkelt. Viele rechneten nächste Woche mit einer Verschärfung auf 2G, erzählt auch Gastronom Kolbe. «Ungeimpfte würden dann an Weihnachtsfeiern entlarvt, das will keine Firma.»
«Normalerweise täglich unterwegs»
Also werden die Feiern präventiv abgesagt. Kolbe erwischt es hart: «Uns gehen 350'000 Franken durch die Lappen.» Immerhin hatte der Caterer einen erfolgreichen Herbst. Noch wichtiger wäre nun aber die Vorweihnachtszeit. «Für uns die strengste Zeit des Jahres, normalerweise sind wir täglich unterwegs», sagt er.
Die Firmen fürchten sich vor Superspreader-Events, schätzt der Luzerner Gastronom Bastian Eltschinger (40): «Wer will schon in die Zeitung kommen, weil nach dem Weihnachtsanlass alle in Quarantäne sind?»
Zu seinem Gastro-Imperium Remimag gehört unter anderem das Restaurant Schwellenmätteli an der Aare in Bern. Dort hätten demnächst verschiedene Swisscom-Weihnachtsessen stattfinden sollen. Sie fallen aus, die Telekomfirma hat den Feiern Anfang Woche einen Riegel geschoben.
Weihnachtsfeiern virtuell
Planbarkeit? Fehlanzeige. Selbst wenn ein Anlass stattfindet. «Am Ende tauchen 10 bis 20 Prozent weniger Gäste auf als angemeldet», sagt Eltschinger. Nicht alle Ungeimpften wollen für den Firmenanlass extra einen teuren Test bezahlen. Andere sitzen in Isolation oder Quarantäne.
Auch Novartis reagiert. «Wir haben gerade eine Empfehlung erlassen, die Weihnachtsfeiern virtuell und nicht physisch durchzuführen», sagt Novartis-Sprecherin Anna Schäfers auf Anfrage von Blick. Bei Feiern sei es im Gegensatz zu geschäftlichen Meetings schwieriger, die notwendigen Massnahmen wie Abstandhalten sinnvoll umzusetzen.
Novartis hat diese Woche auch einen Anlass für Journalisten mit CEO Vas Narasimhan (45) kurzfristig abgesagt, er hätte am gestrigen Mittwoch stattfinden sollen. Die Führung durch das moderne Forschungszentrum und das gemeinsame Nachtessen wurden gestrichen. «Die Covid-Fallzahlen haben sich in den letzten Tagen so entwickelt, dass wir unseren Anlass mit der Geschäftsleitung nochmals überdenken mussten», heisst es in der Absage.
Maske dringend empfohlen
Konkurrentin Roche empfiehlt den Angestellten am Standort Basel/Kaiseraugst wegen der Entwicklung der Infektionszahlen seit Anfang Woche wieder dringend, vermehrt von zu Hause aus zu arbeiten. Meetings und Veranstaltungen, die nicht aus geschäftlichen Gründen zwingend physisch stattfinden müssen, sollen virtuell durchgeführt werden.
Auch die SBB haben am Dienstag eine Homeoffice-Empfehlung ausgesprochen. «Sie gilt für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die aus betrieblichen Gründen nicht vor Ort arbeiten müssen», sagt SBB-Sprecher Martin Meier zu Blick. Zudem wird das Tragen einer Maske am Arbeitsplatz «dringend empfohlen», wenn es nicht bereits Teil des Schutzkonzepts ist, wie etwa beim Schalterpersonal.
Noch weiter geht der Versicherungskonzern Zurich. Dort wird Homeoffice bereits wieder Pflicht. Mitarbeitende dürfen nur noch in Notfällen oder wenn arbeitsbedingt nicht anders möglich ins Büro. Wer doch hinmuss, kommt nur mit gültigem Covid-Zertifikat rein. Ungeimpften Angestellten wird der Badge gesperrt.
Auf nächstes Jahr verschoben
Das gilt auch bei Swiss Re. Dort müssen die Angestellten neu auch wieder Maske tragen, wenn sie sich einen Kaffee holen oder zur Toilette gehen. «Zudem sind die Angestellten angehalten, auf alle nicht geschäftskritischen Anlässe zu verzichten», sagt Swiss-Re-Sprecher Chris Onuoha. Heisst konkret: Weihnachtsessen oder -apéro fallen auch bei Swiss Re ins Wasser.
Immerhin: Die meisten Firmen lassen ihre Weihnachtsfeiern nicht ganz ausfallen, lobt Gastronom Daniel Kolbe. «Viele Anlässe werden aufs nächste Jahr verschoben. Das ist löblich. Aber es hilft uns im Moment wenig.»