«Der Herbst ist der neue Sommer», sagt Stephanie Schulze zur Wiesch (51), seit bald einem Jahr Chefin von Kuoni, Helvetic Tours und den Kuoni-Spezialisten. Im September und Oktober erwirtschaftete Kuoni letztes Jahr 22 Prozent seines Jahresumsatzes. Das war etwa gleich viel wie in den Sommermonaten Juli und August.
Dieser Trend verstärkt sich dieses Jahr noch im Buchungsverhalten. «Für den Herbst sind wir bei den Vorausbuchungen teils um 50 Prozent über dem Vorjahr, aber beim Sommergeschäft ist die Nachfrage aktuell schwächer als im Vorjahr», so Schulze zur Wiesch gegenüber Blick.
Das hat preisliche Konsequenzen. «Wir versuchen die Buchungslücke im Sommer punktuell mit Preisaktionen aufzufangen», sagt die Chefin. Einzelne Aktionen wie ein «Kennenlern-Rabatt» von 200 Franken startete Kuoni schon vor einigen Wochen. Der Hintergedanken dabei war nicht, verunsicherte Kunden der zum Verkauf stehenden Rivalin Hotelplan abzuwerben, wie Schulze von Wiesch versichert. Aktuell läuft eine weitere, auf Familien abzielende Rabattaktion bei Helvetic Tours. Weitere einzelne Preisabschläge seien denkbar.
Verschiebungen beim Ferienverhalten der Schweizerinnen und Schweizer
Von der Verschiebung der Feriennachfrage zum Herbst zeigt sich Schulze zur Wiesch wenig überrascht. Zum einen trage der Klimawandel einen Teil bei: Im Sommer ist es in der Schweiz warm und in den Mittelmeerzielen schon grenzwertig heiss. Deshalb beziehen viele ihre Hauptferien lieber im Herbst. Laut einer Kuoni-Umfrage verbringen 40 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer ihre Sommerferien am liebsten im eigenen Land.
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Zum anderen profitiert die Schweizer Kundschaft nicht nur vom starken Franken, sondern auch von Herbstferien, die nirgendwo anders in Europa so lange dauern wie bei uns. Da die Gesamtnachfrage tiefer ist, sind die Preise am Mittelmeer im Herbst oft besser als im Sommer.
Da aber die Nachfrage innerhalb der Schweiz so hoch ist, rechnet Schulze zur Wiesch nicht damit, dass im Herbstgeschäft Preisaktionen notwendig sein werden. Aktuell sind die Preise in den meisten Mittelmeerzielen oder auch im europäischen Norden höher als im Vorjahr, während Langstreckenziele wie die USA, Asien, Afrika oder auch die Malediven günstiger sind. Doch wer flexibel ist, kann möglicherweise von einem Sommer-Schnäppchen profitieren, versichert die Kuoni-Chefin.
Kommt bald «Dynamic Pricing»?
Es könnte aber sein, dass die Preise sich bald komplett nach Nachfrage und Angebot richten und Schnäppchen zur Hochsaison kaum noch möglich sind. Kuoni hat bereits ein KI-basiertes «Dynamisches Revenue Management Tool» eingeführt, das Daten zu gefragten Zielen und Reisepreisen analysiert und mit Kuoni-eigenen Daten vermengt. «So können wir besser marktgerechte Preise anbieten», sagt Schulze zur Wiesch. Echtes Dynamic Pricing ist das noch nicht. Aber: «Wir sehen hier noch grosses Potenzial in der Zukunft», so die Chefin.