Darum gehts
Die Tochter braucht eine Zahnspange, der Sohn eine Brille. Und wenn es mit 14 ins Gymi geht, kosten Schulmaterial, öffentlicher Verkehr und Essen in der Mensa. Muss die Mutter all diese Kosten aus den monatlichen Alimenten finanzieren, wenn die Kinder mehrheitlich bei ihr leben? Oder muss der Vater mitzahlen? Gemäss Gesetz können die Elternteile zu einem besonderen Beitrag verpflichtet werden, wenn sich nicht vorhersehbare, ausserordentliche Bedürfnisse des Kindes ergeben. In den juristischen Kommentaren steht, dass das nur für einmalige oder zeitlich begrenzte Bedürfnisse gilt.
Ausgangsfrage: Wie wurde der Kindesunterhalt berechnet?
Was heisst das konkret? Gerichtsentscheide dazu gibt es kaum. Weil es im Streit meist «bloss» um einige Hundert Franken geht, lohnt es sich nicht, vor Gericht zu gehen.
«In erster Linie kommt es darauf an, wie der Kindesunterhalt berechnet wurde», sagt Corinne Seeholzer, Fachanwältin für Familienrecht in Zug. Wurde – wie heute üblich – mit dem Existenzminimum gerechnet und der Überschuss verteilt? Oder wurde der Bedarf konkret oder – wie es früher häufig der Fall war – mit einer Tabelle berechnet?
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In der Zürcher Kinderkostentabelle etwa waren die Auslagen für eine Brille nicht enthalten und daher zusätzlich zu vergüten. Wenn der Unterhalt hingegen konkret berechnet wurde und das Kind bereits eine Brille trägt, sind die entsprechenden Kosten in die Alimente eingerechnet. Dasselbe gilt etwa für ein kostspieliges Hobby.
«Wenn mit dem Existenzminimum gerechnet wurde, kommt es darauf an, ob das Kind überschussbeteiligt war», sagt Corinne Seeholzer. Das heisst: Wenn bei der Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben aller Familienmitglieder ein Überschuss resultierte und man dem Kind einen Anteil daran zurechnete, dann sind etwa ein Velo oder Skier damit zu bezahlen. Wie sieht es bei anderen Posten aus?
Zahnarztkosten
- Zahnspange
- Zahnkorrekturen
- Weisheitszahnbehandlung
Wenn beim ordentlichen Unterhalt nichts einkalkuliert wurde für solche Auslagen – etwa, weil das Kind noch keine Spange hatte und sie auch nicht vorhersehbar war –, handelt es sich hier um ausserordentliche Kosten. Natürlich nur, soweit sie nicht von einer Versicherung gedeckt sind.
Bildungskosten
- Nachhilfeunterricht
- privater Gymivorbereitungskurs
Laut Fachanwältin Corinne Seeholzer sind das grundsätzlich ausserordentliche Kinderkosten, weil sie nicht wiederkehrend sind. Sie werden in der Regel bei der Berechnung der Unterhaltskosten auch nicht berücksichtigt.
- Privatschule
- privates zehntes Schuljahr
Das sind gemäss Seeholzer grundsätzlich ausserordentliche Kosten. Die Frage sei aber, warum eine private Schule gewählt wird und nicht eine kostenlose öffentliche. «Es müssen keine Luxuslösungen finanziert werden – vor allem, wenn der Elternteil, der zahlen sollte, nicht zugestimmt hat.» Dann ist wesentlich, ob die Ausgabe im Sinne des Kindeswohls dringend angesagt ist (etwa auf ärztliche Anordnung oder dringende Empfehlung der Schule).
Auslagen in der Lehre
- Laptop
- Transport
- Verpflegung und Ähnliches
Wenn das Kind in die Lehre kommt, fallen solche Auslagen grundsätzlich unter den ordentlichen Unterhaltsbeitrag.
Ausserdem wird laut Fachanwältin Seeholzer das Einkommen in der Lehre für gewöhnlich nicht berücksichtigt, wenn die Alimente festgelegt werden. «Die Faustregel ist, dass das Kind etwa einen Drittel seines Einkommens an die Eltern abgeben muss – daraus sind die zusätzlichen Kosten zu finanzieren, wenn sie bei der Festlegung nicht berücksichtigt wurden.»
Kosten für Ferienlager
Hier stellt sich für die Anwältin die Frage, ob es sich nicht um Betreuungskosten handelt – das wären ordentliche Kosten. Möglicherweise sei auch ein Posten «Ferien» in den Unterhalt eingerechnet, oder das Kind wurde am Überschuss beteiligt – dann könnte das Lager daraus bezahlt werden.
Ausserdem ist zu beachten: «Wenn der andere Elternteil nicht einverstanden ist mit dem Lager und bereit gewesen wäre, das Kind zu betreuen, könnte man ihn wohl nicht zur Zahlung eines ausserordentlichen Beitrags verpflichten.»
Fazit: Kinderkosten im Voraus festhalten
Die Beispiele zeigen: Bei der Berechnung der Kinderalimente im Rahmen einer Scheidung oder Trennung wird der Grundstein dafür gelegt, was später unter die ordentlichen und die ausserordentlichen Kinderkosten fällt. Die Eltern und die Gerichte haben es in der Hand, die regelmässigen und vorhersehbaren Kosten möglichst detailliert für die verschiedenen Altersstufen des Kindes zu erfassen. Hier Zeit zu investieren, zahlt sich aus.
- Halten Sie so konkret wie möglich und für jede Altersstufe fest, wie Sie bei der Unterhaltsberechnung auf den geschuldeten Beitrag gekommen sind: Welche Auslagen für das Kind haben Sie berücksichtigt, welche nicht?
- Zählen Sie konkret auf, welche Kosten Sie als ausserordentliche Kosten sehen. Das können allgemein auch Kinderkosten sein, die einen bestimmten Betrag (beispielsweise 250 Franken) übersteigen.
- Regeln Sie, wie ausserordentliche Kosten von den Elternteilen getragen werden sollen: hälftig oder nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit?