Darum gehts
Von Kanton zu Kanton verschieden – lange Zeit herrschte föderalistischer Wildwuchs bei den Unterhaltsleistungen. In einigen Kantonen wurde zum Beispiel der Unterhalt für Kinder berechnet, ohne auf die tatsächlichen Ausgaben zu schauen. Wer unterhaltspflichtig war, schuldete einfach einen gewissen Prozentsatz seines Einkommens. Andere Kantone rechneten nach Tabellen mit Durchschnittsangaben, wieder andere mit den effektiven Zahlen.
Mit diesem Wirrwarr ist seit dem Frühjahr 2021 Schluss. Das Bundesgericht wollte, dass sämtliche Unterhaltsleistungen in der ganzen Schweiz gleich berechnet werden. Und zwar nach der «zweistufigen Methode mit Überschussverteilung». Sie entspreche am besten dem Willen des Gesetzgebers.
Spielraum für Gerichte bleibt
Folglich sollte seit 2021 bei gleichen Verhältnissen überall auch der gleiche Betrag herauskommen. Allerdings: Die Gerichte haben in gewissen Punkten nach wie vor Spielraum.
Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.
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So kann etwa Richter A bestimmen, dass die 50-jährige, bisher kinderbetreuende und haushaltsführende Ehefrau wieder berufstätig sein muss, und ihr ein fiktives Einkommen anrechnen.
Richterin B hingegen kann das für unzumutbar halten. Das führt zu höherem Unterhalt – bis zur Pensionierung.
Wie funktioniert nun diese «zweistufige Methode mit Überschussverteilung»? Wie rechnen Behörden und Gerichte?
1. Einkommen vs. Lebensbedarf
Zuerst stellt man das Einkommen der Eltern respektive Ehegatten fest und gegebenenfalls das der Kinder (Kinderzulagen, Lehrlingslohn).
Dann ermittelt man den Lebensbedarf, also die regelmässigen, monatlichen Ausgaben dieser Personen. Das geschieht grundsätzlich anhand des sogenannten familienrechtlichen Existenzminimums.
Falls die finanziellen Verhältnisse sehr knapp sind, rechnet man mit dem betreibungsrechtlichen Existenzminimum (siehe weiter unten).
2. Verteilung des Überschusses
Wenn das Einkommen den Lebensbedarf übersteigt, ergibt das den sogenannten Überschuss.
Dieser wird von der Richterin oder vom Richter nach deren Ermessen verteilt. Das Bundesgericht sieht hier nunmehr als Regel die Verteilung nach grossen und kleinen Köpfen vor.
Das heisst: Ein Kind erhält einen Teil des Überschusses, ein Erwachsener zwei Teile.
Wie die Berechnung konkret gemacht wird, zeigt das nachfolgende Fallbeispiel:
Das betreibungsrechtliche Existenzminimum kommt bei sehr knappen finanziellen Verhältnissen zum Zug. Es besteht aus dem monatlichen Grundbedarf sowie bestimmten Auslagen gemäss den Richtlinien der Konferenz der Betreibungs- und Konkursbeamten der Schweiz.
Höhe des monatlichen Grundbedarfs
- 1200 Franken für eine alleinstehende Person
- 1350 Franken für eine alleinerziehende Person
- 1700 Franken für Ehe- oder Konkubinatspaare
Für jedes Kind bis zehn Jahre beträgt der Grundbetrag 400 Franken, für jedes ältere Kind 600 Franken monatlich.
Das deckt der Grundbedarf
- Nahrung
- Kleidung
- Wäsche
- Körperpflege
- Wohnungsunterhalt
Diese Auslagen werden zum Grundbedarf hinzugerechnet
- Miete inklusive Nebenkosten (bei Kindern ein Anteil der Miete des Hauptbetreuenden);
- obligatorische Krankenkassenprämien;
- Berufsauslagen, auswärtige Verpflegung und Fahrtkosten zum Arbeitsplatz;
- allfällige Unterstützungs- und Unterhaltsbeiträge;
- allfällige Auslagen für Arzt, Zahnarzt und Medikamente;
- bei Kindern: allfällige Schulkosten;
- bei Kindern: allfällige Fremdbetreuungskosten.
Das familienrechtliche Existenzminimum kommt in der Mehrheit der Fälle zum Zug. Es ist grosszügiger berechnet als das betreibungsrechtliche. Diese weiteren Ausgaben kommen hinzu:
- bei den (Ex-)Ehepartnern/Eltern zum Beispiel: die Steuern, eine Kommunikations- und Versicherungspauschale, unumgängliche Weiterbildungskosten, Kosten der Ausübung des Besuchsrechts und allenfalls angemessene Schuldentilgung, allenfalls auch über die Grundversicherung hinausgehende Krankenkassenprämien;
- beim minderjährigen Kind zum Beispiel: ein Steueranteil (ausgeschieden vom Steueranteil des hauptbetreuenden Elternteils) oder über die Grundversicherung hinausgehende Krankenkassenprämien.