Schutzanzüge, ein Netz über die Haare gespannt und die Maske im Gesicht: Auf den ersten Blick gleichen die Angestellten in der Maskenproduktion der HPCD AG in Taverne TI jenen einer Spitalabteilung. Hier im Vorort von Lugano werden aber keine Kranken behandelt, es werden mit der Herstellung von Masken Präventionsarbeiten geleistet.
Die Maschinen rattern auf Hochtouren, der ist Geruch steril, die Arbeiterinnen sind hochkonzentriert. Die Angestellten kommen derzeit so richtig ins Schwitzen. Die Nachfrage nach FFP2-Masken, made in Switzerland, übersteigt das Angebot. Obwohl der Bundesrat erste Lockerungen der Homeoffice- und Quarantäne-Pflicht in Aussicht gestellt hat.
«Unsere Masken mit dem Swiss-Made-Siegel sind derzeit ausverkauft», sagt Geschäftsführerin Emilly Massarotto (29). Mit ihrem Mann Giorgio (38) unterhält sie die grösste Maskenproduktion der Schweiz, nach der Flawa mit Sitz in Flawil SG. Was als Nebengeschäft des Paars startete, erlebte im vergangenen Jahr einen Boom, der bis heute andauert.
Die Art der Aufträge schlägt seit einigen Wochen eine neue Richtung ein: Mit der Omikron-Variante, die zurzeit in der Schweiz dominiert, sind besonders die FFP2-Masken gefragt. Obwohl diese vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) vorerst nicht offensiv empfohlen werden.
BAG zögert mit allgemeiner Empfehlung
In Zeiten des hochansteckenden Omikron scheinen sich viele mit der FFP2-Maske sicherer zu fühlen. Das erklärt auch den Run auf die Masken bei der Tessiner Produzentin. Die Taskforce sagte bereits Ende Dezember: Die FFP2-Maske reduziere das Risiko einer Infektion erheblich. Der Mundschutz biete in Situationen mit erhöhter Exposition einen zusätzlichen Schutz.
Weil die FFP2-Maske das Atmen etwas erschwert, bietet sie sich laut Taskforce vor allem «in Situationen ohne oder mit nur leichter körperlicher Betätigung» an. Etwa im öffentlichen Verkehr, im Kino oder an einem Konzert.
Massarottos im Maskenrausch
Die Auftragsbücher der Maskenproduktion sind prall gefüllt. Etwa die Hälfte der Masken werden hierzulande produziert und mit dem Swiss-Made-Logo verkauft, weitere Produkte und Masken werden importiert.
Zurzeit arbeiten 40 Mitarbeitende in Lugano, maximal kann die Produktion pro Tag 172'800 FFP2-Masken herstellen. Zum Vergleich: Bei der Maskenproduktion Flawa in Flawil SG können täglich maximal 85'000 FFP2-Masken angefertigt werden.
Mit dem Mundschutz werden verschiedenste Firmen beliefert. «Neben Apotheken beliefern wir grossen Firmen und Sportvereine», sagt Remo Schmid (35), Geschäftspartner und Inhaber des Online-Shops Breathe-safe. Dort werden die Hygieneprodukte ebenfalls verkauft.
Der reguläre Preis von 20 FFP2-Masken liegt bei 14 Franken, was einem Stückpreis von 70 Rappen entspricht. «Unsere Maschinen stehen nie still», ergänzt Massarotto.
«Im Sommer geht Corona in die Ferien»
Das Geschäft mit den Masken lässt sich nicht planen. Es ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Einerseits merke man eine erhöhte Nachfrage von Hygieneprodukten nach dem Entscheid für neue Massnahmen durch den Bundesrat. Andererseits richteten Kunden ihre Nachfrage auch danach, ob sie Lust auf Masken haben.
Emilly Massarotto nennt ein Beispiel: «Im Sommer hatten wir viel weniger Aufträge als heute. Obwohl die Pandemie auch im Juli noch ein grosses Thema war, gab es weniger Bestellungen. Man hatte fast das Gefühl, Corona geht auch in die Ferien.»
Verhältnis zu importierten Masken
Die HPCD AG verkauft neben Schweizer Masken über ihren Online-Shop auch zertifizierte Masken aus China. Diese werden im Online-Shop dementsprechend gekennzeichnet.
Eine Umfrage von Blick bei den Detailhändlern zeigt ebenfalls: Die Mehrheit importiert die Masken aus China. Dies bestätigen etwa Landi, Coop und Aldi. Im Durchschnitt kosten die FFP2-Masken bei den Detailhändlern pro Stück 65 Rappen.
Blick-Leser sehen den Import der Schutzmasken aus Asien unproblematisch. So heisst es von einem Blick-Leser: «China ist und bleibt der globale Standard bei diesen Masken.» Schweizer Mundschutz ist trotzdem sehr beliebt. So fordert etwa ein weiterer Leser: «Der Bund sollte Schweizer Ware subventionieren!»
Freiwilligkeit aus zwei Gründen
Die Maskenproduzentin erklärt sich den freiwilligen Griff zur FFP2-Masken so: «Die Bevölkerung informiert sich selbst, welche Masken besser schützen. Da ist die FFP2- zur Hygienemaske klar im Vorteil. Durch den zweifachen Filter steigt der Schutz vor einer Ansteckung um etwa 60 Prozent.»
Weiter sei auch das kalte Wetter ein Grund, warum viele freiwillig zum weissen Schnabel greifen. Massarotto sagt: «Die dicke Schicht und das enge Tragegefühl schützt nicht nur vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus, an kalten Tagen gibt der Mund- und Nasenschutz auch warm.»