Besonders im Niedriglohnsektor gibt es noch Nachholbedarf
Implenia macht Poliere zu Impfluencern

Um die Impfquote zu erhöhen, sollen sich die Arbeitgeber stärker engagieren. Aber die Bürokratie und der Föderalismus machen es nicht leicht. Trotzdem gibt es kreative Ansätze.
Publiziert: 25.08.2021 um 00:40 Uhr
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Aktualisiert: 25.08.2021 um 08:19 Uhr
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Implenia-Angestellter: Auf den Baustellen des Konzerns werben Poliere für die Corona-Spritze.
Foto: EQ Images
Christian Kolbe und Marc Iseli

Für Valentin Vogt (60) gibt es nur eine Methode, um die Pandemie letztlich in den Griff zu bekommen. «Impfen ist der Königsweg», sagt der Arbeitgeberpräsident. Alle müssen jetzt an einem Strick ziehen, Aufklärung statt Zwang lautet die Devise: «Gemeinsam – auch mit den Sozialpartnern – müssen wir mithelfen, die Bevölkerung zum Impfen zu motivieren», so Vogt zu Blick.

Denn niemand wolle einen erneuten Lockdown, das wäre ein enormer Rückschritt auf dem Weg zurück in die Normalität. «Um das zu verhindern, braucht es eine Impfquote von mindestens 70 Prozent», ist Vogt überzeugt.

Das Problem: Die Zeiten sind vorbei, als Tausende Impfwillige die Impfzentren stürmten. Es gehe nun darum, viele kleine Gruppen von einigen Dutzend Menschen zu erreichen, die sich bislang noch keine Gedanken zum Impfen gemacht haben. «All diese Leute, viele davon mit Migrationshintergrund, sind keine Impfgegner, ihnen fehlt aber oft die Information, wann und wo man sich impfen lassen kann», glaubt Vogt.

Unsicherheit in der Balkan-Community

Viele, die ihre Wurzeln im Ausland haben, arbeiten im Niedriglohnsektor. Oft existiert eine Sprachbarriere. Falschinformationen verbreiten sich innerhalb der Community. Ein Vertreter der Pharmaindustrie behauptet unter anderem, dass in der Balkan-Community eine Sorge vor Unfruchtbarkeit nach der Corona-Impfung bestünde.

Die Impfung macht nicht unfruchtbar. Das ist Unsinn. Aber tatsächlich war die Impf-Übung bislang zu komplex. Das sagt Unia-Mann Hilmi Gashi, ein Spezialist beim Thema Migration. «Man musste sich aktiv um Termine bemühen, es war eine Bürokratie, Nummern und Buchstaben wurden zugeordnet.»

Das sei alles zu viel gewesen für jene, die nur schon bei einem einfachen Behördengang überfordert sind. Schlimmer noch: Die Termine, hat man denn endlich welche ergattert, waren fix zugeteilt – und bei vielen fiel der erste oder der zweite Impftermin in die Ferienzeit. «Es wurde zugewartet mit der Spritze», sagt Gashi.

Poliere als Impfluencer

Nun nimmt der Gewerkschafter die Arbeitgeber stärker in die Pflicht. Er fordert mehr Flexibilität bei der Wahrnehmung eines Impftermins und gemeinsame Impfaktionen. Tatsächlich wollen viele Firmen Gas geben, fühlen sich aber etwas ausgebremst.

«Wir dürfen keinen Druck ausüben oder Vorteile vom Impf- bzw. Genesenenstatus abhängig machen», sagt etwa ein Sprecher der SV Group. Der Arbeitgeber dürfe weder aktiv nach dem Immunitätsstatus fragen noch verlangen, dass sich jemand impfen lasse. Entsprechend bliebe nur ein Mittel: Kommunikation. Impfempfehlungen im Intranet, als Aushang in der Kantine, als E-Mail im Posteingang.

Beim Bauunternehmen Implenia sind auch die Poliere und Vorarbeiter eingespannt. Sie sollen unter anderem auch die Tatsache vermitteln, dass die Corona-Spritze auf Arbeitszeit geht.

Der Autohändler Amag ging sogar einen Schritt weiter. Mehrfach sogar. «Wir haben immer wieder geprüft, wie wir als national tätiges Unternehmen die Mitarbeitenden testen oder später impfen lassen können», schreibt Sprecher Dino Graf. «Es hat sich aber gezeigt, dass dies in der kantonal organisierten Schweiz eine Herausforderung ist.»

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