Mitarbeiterinnen der Schaffhauser Kantonalbank (SHKB) haben dicke Post erhalten: Ihr Mutterschaftsurlaub wird um zwei Wochen gekürzt. Auf das gesetzliche Minimum von 14 Wochen. Die Begründung der rein männlichen Führungsriege der Bank: Gleichbehandlung. Seit Anfang Jahr gilt ein zweiwöchiger Vaterschaftsurlaub für die Männer.
Nachdem Blick das neue Regime der Bank publik gemacht hat, regt sich Widerstand unter der Belegschaft. Sie erhält Unterstützung von der Kampagnenorganisation Campax. Diese hat eine Online-Petition lanciert und so innert kürzester Zeit über 2600 Unterschriften gesammelt. Die Kampagne verbreitet sich auch via Whatsapp-Chats unter Bank-Mitarbeiterinnen.
Angelina Dobler, Campaignerin bei Campax, spricht Klartext: «Damit spielt die Schaffhauser Kantonalbank Männer und Frauen gegeneinander aus. Von Gleichbehandlung kann nicht die Rede sein, wenn Mütter – und damit die ganze Familie – dafür bestraft werden, dass Väter endlich ein Minimum an Vaterschaftszeit erhalten.»
Auch in den sozialen Medien fallen die Reaktionen auf die Kürzung des Mutterschaftsurlaubs zum Teil heftig aus, wie dieses Beispiel auf Twitter von @papizeit zeigt.
Kommt jetzt die Kehrtwende?
Die Petition von Campax richtet sich direkt an den Geschäftsführer der Schaffhauser Kantonalbank, Martin Vogel. «Sofortige Rücknahme der neuen Regelung», heisst es darin. Sprich: die Verkürzung des Mutterschaftsurlaubs rückgängig machen. «Damit die Idee des Männerklubs der SHKB-Führungsriege keine Nachahmer erhält», heisst es in einer Mitteilung von Campax.
Die Aktivistinnen und Aktivisten stossen bei Martin Vogel aber auf taube Ohren. Auf Anfrage von Blick lässt der Bankchef ausrichten, er nehme die Petition zur Kenntnis. Die Diskussion sei aber fehlgeleitet: «Anstatt über das Gesamtpaket zu sprechen und darüber zu diskutieren, wie Elternschaft sinnvoll und vor allem langfristig mit dem Arbeitsleben vereinbart werden kann, verengt sich die Debatte auf die Frage nach 14 oder 16 Wochen.»
Die Schaffhauser Kantonalbank beteuert nämlich, dass sie für Mütter und Väter durchaus eine attraktive Arbeitgeberin sei. Es gehe eben nicht nur um die Dauer des Mutterschaftsurlaubs. Sondern auch um Teilzeitpensen, flexible Arbeitszeiten oder Sozialleistungen.
Der verkürzte Mutterschaftsurlaub sei denn auch sicherlich keine Sparmassnahme, so Vogel: «All diese Massnahmen sind für uns als Unternehmen aufs Ganze gesehen deutlich aufwendiger und auch kostenintensiver, als es das Eintreten auf die Forderung der Petition wäre.»
Reaktionen seitens der Mitarbeitenden gebe es innerhalb der Bank nicht, schreibt Vogel weiter. Dass die Affäre die Mitarbeiter – und vor allem die Mitarbeiterinnen – kaltlässt, ist angesichts der heftigen Reaktionen im Netz aber unwahrscheinlich.
Viel plausibler ist, dass die Angestellten still die Faust im Sack machen. Wie die langjährige Mitarbeiterin Nicole W.*, die sich mit den internen Informationen an Blick gewandt hat. Sie sagte damals resigniert: «Es überrascht mich schon gar nicht mehr ... Es bringt auch nichts, dagegen anzukämpfen. Man kann es nur hinnehmen.»
Gewerkschaften schreiben offenen Brief an die Bank
Die Mitarbeitenden erhalten Rückendeckung von den Gewerkschaften. Der Gewerkschaftsdachverband Travail Suisse wendet sich mit einem offenen Brief an die Schaffhauser Kantonalbank. Darin gehen die Gewerkschafter sogar noch einen Schritt weiter als die Online-Petitionäre.
«Wenn es tatsächlich das Ziel der SHKB ist, die Gleichstellung zu fördern, dann wäre eine Erhöhung des Vaterschaftsurlaubs auf mindestens vier Wochen beim gleichzeitigen Verbleib bei einem 16-wöchigen Mutterschaftsurlaub die richtige Massnahme», lässt sich Travail-Suisse-Präsident Adrian Wüthrich zitieren. Und weiter: «Echte Gleichberechtigung spielt Mütter nicht gegen Väter aus.»
Will heissen: Die Schaffhauser Kantonalbank soll nicht nur die Kürzung des Mutterschaftsurlaubes rückgängig machen. Sondern gleichzeitig bei den Vätern noch zwei Wochen obendrauf legen.
* Name geändert