Noch bis Ende November kann die Krankenkasse gewechselt werden. Oft geschieht dies am Postschalter mit einem eingeschriebenen Brief. Der gelbe Riese macht nun daraus ein Geschäft: Wie CH Media berichtet, sollen Postangestellte in zwei Filialen in Zürich und der Region Bern Kunden, die einen Kündigungsbrief abgaben, in ein Verkaufsgespräch verwickelt haben. Denn die Post arbeitet seit letztem Jahr mit den Krankenversicherern Sympany und Assura zusammen.
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In der Filiale in der Region Bern habe der Schaltermitarbeiter das Vorgehen damit erklärt, dass die Post neue Einnahmequellen brauche, weil die Menge der verschickten Briefe zurückgehe. Dies widerspricht dem Versprechen, das die Post zu Beginn der Zusammenarbeit abgab. Im Sommer 2022 schrieb sie, dass die beiden Versicherungen in einigen Filialen eigene Beratungsstellen in Betrieb nehmen würde. Zudem würden Postmitarbeitende «interessierten Kundinnen und Kunden» einen Termin vermitteln. Das sei der Fall, wenn sich die Kundschaft in einem «spezifischen Lebensereignis» wie «Umzug», «Heirat und Familie» oder «längere Auslandsreisen» befinde oder Interesse am Angebot zeige, wie Sprecherin Jacqueline Bühlmann bestätigt.
Partnerschaften sollen ausgebaut werden
Dass jetzt das Postpersonal Kundinnen und Kunden anspricht, die sich weder in einem solchen Lebensereignis befinden noch Interesse an einer Krankenversicherung ausdrücken, bleibt jedoch unerwähnt. Die Post nimmt dies offenbar aber in Kauf, ohne dabei ein Problem mit dem Postgeheimnis zu sehen. Die Ansprache der Kundschaft auf das Krankenkassen-Angebot verletze dieses nicht, da damit keine Informationen über den Postverkehr offengelegt würden, sagt Bühlmann gegenüber den CH Media Zeitungen.
Zudem würde die Post selbst keine Verträge abschliessen, sondern nur weitervermitteln. Die Zusammenarbeit laufe gut: Das Beratungsangebot der Assura sei im September von 140 auf 220 Filialen ausgebaut worden. Seit September ist mit der Groupe Mutuel eine weitere Krankenkasse an Bord. Mit solchen Partnerschaften wolle die Post die Filialen zu regionalen Dienstleistungszentren entwickeln, sagt Bühlmann. Sie sollen helfen, das Filialnetz der Post wieder rentabler zu machen. Nicht einmal der Konsumentenschutz ist da dagegen. Die Stiftung spricht aber bei der direkten Ansprache am Schalter von «Belästigung».
Auch wenn sie für andere Unternehmen vermitteln: Mehr Lohn erhalten die Schalterangestellten nicht. Auch gebe es keine Boni, Provisionen oder Spezialvergütungen. Das Anwerben von Kundinnen und Kunden ist fürs Personal also eher Mehrbelastung als Bereicherung. (sak)