Steht das Onlineshopping in der Schweiz vor einer Revolution? Die Retourenflut im Onlinehandel ruft die Politik auf den Plan. Die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerats (Urek-S) hat dem Bundesrat ein Postulat vorgelegt, das das beliebte Mantra «Kaufe jetzt, überlege später», das viele Online-Kundinnen und -Kunden verinnerlicht haben, ernsthaft infrage stellt.
Politikerinnen und Politiker möchten den Retouren beim Online-Versandhandel nämlich einen Riegel schieben. Sie verlangen, dass diese Fehlanreize geprüft und allenfalls auf Gesetzesstufe korrigiert werden. Und zwar soll dies mittels einer Lenkungsabgabe geschehen.
Politik will Verursacherprinzip anwenden
Heisst: Bei jeder Bestellung soll künftig – nach dem Verursacherprinzip – eine Gebühr fällig werden, eine Art Vorauszahlung für mögliche Retouren. Behalten die Kundinnen oder Kunden die bestellten Produkte, sollen sie diese Gebühr zurückerstattet erhalten. Ein Plan, der nicht nur die Kunden beim Shoppen erst zum Überlegen zwingen, sondern auch die Umwelt schützen soll.
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Damit sollen Onlineshops und stationäre Detailhändler gleichgestellt werden. Denn: In physischen Läden müssen Kunden ihre Retouren heute auch selbst zurückbringen und tragen somit die Kosten – sei dies in Form von Zeit oder Transport.
Damian Müller (39), Luzerner FDP-Ständerat und Urek-Mitglied, sagt zum Postulat der Kommission: «Der Online-Versandhandel verursacht sehr viele volkswirtschaftliche und ökologische Umtriebe. Es ist daher richtig und wichtig, dass der Bundesrat in einem Bericht nun einmal grundsätzlich evaluiert, ob – und falls ja, wo genau – überhaupt Handlungsbedarf besteht.» So könnten Fehlanreize künftig gezielt ausgemerzt werden.
Schweizer sind Meister im Zurückschicken
Die Urek-S stützt sich bei ihrem Postulat auf eine aktuelle Studie, die bemerkenswerte Zahlen offenbart: Satte sieben Prozent aller in der Schweiz bestellten Waren werden zurückgeschickt. Das ist jeder 14. Artikel. In einigen Branchen, besonders im Modebereich, liegt die Retourenquote gar bei 20 Prozent. Im europäischen Vergleich schickt niemand so viele Päckli zurück wie die Schweizerinnen und Schweizer.
Zalando, der Gigant unter den Onlinehändlern, erreichte 2020 sogar eine Retourenquote von 50 Prozent. Die Hälfte aller bestellten Produkte kehrte damit zum Absender zurück! Je einfacher es ist, Waren zurückzusenden, desto häufiger geschieht es auch.
Das Problem dabei: Diese Rücksendungen kosten nicht nur die Händler eine Menge Geld, sie belasten auch die Umwelt enorm. Die zurückgeschickten Waren müssen sortiert, gereinigt und manchmal sogar komplett vernichtet werden. Die Umwelt leidet, wenn Produkte über enorme Distanzen hin- und hergeschickt werden und am Ende im Abfall landen.
Zalando unbeeindruckt von den Plänen aus Bern
Bei Zalando gehört das Retournieren zum Geschäftsmodell. So soll es auch in Zukunft bleiben. Das Unternehmen scheint darum von den Plänen aus Bundesbern nicht viel zu halten: «Da es im Onlinehandel keine Umkleidekabinen im klassischen Sinne gibt, gehören kostenlose Rücksendungen für uns zu unserem Service dazu», heisst es dort auf Anfrage.
Zalando-Kundinnen und -Kunden sollen demnach auch künftig jederzeit die Möglichkeit haben, nur das zu behalten, was sie wirklich tragen möchten.