Eine Busse von 520 Millionen Dollar. So viel muss der Betreiber des Kult-Spiels Fortnite in den USA wegen rechtlichen Verfehlungen hinblättern. Konkret geht es um In-App-Käufe und sogenannte Dark Patterns, welche vor allem Jugendliche dazu animieren mehr Geld innerhalb des Spiels auszugeben.
Doch Dark Patterns sind viel mehr als nur forcierte Käufe von digitalen Währungen in einem Spiel. Blick zeigt, wo sie überall lauern und wie man sich am besten vor ihnen schützt.
Was sind Dark Patterns?
«Grundsätzlich kann man sagen, dass ein Dark Pattern immer in irgendeiner Form dazu dient, Kunden unterschwellig dazu zu bringen, über kurze oder lange Zeit mehr Geld oder Daten herauszugeben, als sie möchten», so Konsumentenschützer Lucien Jucker (31) zu Blick. Es ist ein sehr weiter Begriff und Dark Patterns finden sich praktisch überall im digitalen Raum. Von In-App-Käufen in Videospielen, über Buchungswebseiten bis hin zu Probeabos für irgendwelche Streaming-Dienste.
Welche unterschiedlichen Dark Patterns gibt es?
Spiele wie Fortnite sind bewusst so aufgebaut, dass man, um weiterzukommen und besser zu werden, immer mehr Geld ausgeben muss. Das ist ein klassisches Dark Pattern. Aber auch Abos, welche mit einem Klick abgeschlossen werden können, dann aber nur sehr schwer wieder gekündigt werden können, gelten als Dark Patterns.
Andere Formen sind beispielsweise grosse grüne Buttons auf einer Webseite, welche zum Kauf führen, während der Button zur Ablehnung ganz klein und versteckt ist. So klickt man unter Umständen unbewusst darauf und geht so einen Vertrag ein. Aber auch Buchungswebseiten arbeiten oft mit Dark Patterns. Wenn man zum Beispiel einen Flug bucht, sieht man immer Angaben wie: «35 Leute schauen sich die gleiche Verbindung an» oder «Nur noch vier Flüge zu diesem Preis erhältlich». Damit wird Druck aufgebaut und der Kunde unterschwellig zum schnelleren Kauf gedrängt. Dies ist nur eine Auswahl der gängigsten Dark Patterns.
Ist sowas überhaupt legal?
Die Antwort lautet Ja! In den meisten Fällen sind solche Praktiken nicht rechtswidrig. Erwachsene und mündige Personen sind selber dafür verantwortlich, was sie anklicken. Ausserdem fehlt der rechtliche Rahmen. «Gerade in der Schweiz sind die Gesetze in diesem Bereich sehr schwach», sagt Digital-Rechtsexperte Martin Steiger (44) zu Blick. Rechtlich schwierig wird es, wenn es um Kinder und andere besonders schutzbedürftige Personen geht. Aus diesem Grund wurde auch Fortnite verurteilt.
Was kann ich machen, um mich zu schützen?
Der erste und beste Rat ist: sich informieren und vorsichtig sein. «Man muss leider im digitalen Raum ständig damit rechnen, dass einen jemand über den Tisch zieht», sagt Digital-Rechtsexperte Martin Steiger. Dessen muss man sich stets bewusst sein. Ausserdem ist es sehr wichtig auch mit seinen Kindern darüber zu sprechen und sie bestmöglich für solche Themen zu sensibilisieren.
Als technische Lösung bietet sich an, auf dem Handy von Sohn oder Tochter, in den Einstellungen den Download von Apps, in welchen In-App-Käufe möglich sind, zu verbieten. Weiter kann man eine Benachrichtigung seiner Kreditkartenfirma verlangen, sobald mit der Karte eine Zahlung vollzogen wird. Leider ist es dann oft schon zu spät.
Es gibt auch Kontroll-Apps, die man auf dem Handy der Kinder installieren kann. Allerdings gibt es keine lückenlose Sicherheit, da die Dark Patterns überall lauern. Ausserdem wird die Überwachung der Kinder mit zunehmenden Alter immer schwieriger und kann auch das Vertrauensverhältnis belasten.
Was kann ich machen, wenn ich in die Dark-Pattern-Falle tappe?
Die rechtliche Handhabe gerade in der Schweiz ist relativ klein. Im Falle des Kindes, welches Käufe in einem Spiel tätigt, kann man aber versuchen den Vertrag anzufechten. Denn Kinder sind rechtlich nicht in der Lage, Verträge abzuschliessen. Allerdings werden die App- oder Kartenbetreiber darauf plädieren, dass sie nicht wissen können, ob die Person, die den Kauf tätigt, volljährig ist oder nicht. Denn die Karte läuft ja stets über eine erwachsene und mündige Person.
Es wird also schwierig, rechtlich gegen solche Käufe vorzugehen. Ausserdem lohnt es sich bei «kleineren Beträgen» von ein paar hundert Franken oft nicht. Die Zeit und das Geld, welches man für einen Anwalt aufwenden müsste, übersteigt oftmals die Summe, die dadurch eventuell zurückgewonnen werden kann.
Was macht der Staat dagegen?
Bis jetzt wenig bis gar nichts. Der Konsumentenschutz ist in der Schweiz im Vergleich zur EU oder den USA relativ schwach. Ob sich das in den nächsten Jahren ändern wird, ist offen. Der Druck zu handeln dürfte allerdings mit zunehmender Digitalisierung immer grösser werden. Die EU führt 2024 ein neues Gesetz zu dem Thema ein. Mit dem «Digital Services Act» werden dort gewisse Formen von Dark Patterns illegal.
Das könnte sich sowohl positiv als auch negativ auf die Schweiz auswirken. Denn viele Onlineplattformen haben ihren Sitz im europäischen Ausland. Werden die Regeln dort strenger, könnte das zweierlei Folgen haben. Entweder nimmt die Anwendung von Dark Patterns dadurch auch in der Schweiz ab. Oder aber die Firmen nutzen den unregulierten Raum in der Schweiz, um noch mehr mit solchen Mustern zu arbeiten. Lucien Jucker vom Konsumentenschutz verspricht aber, dass sie dieses Thema in Zukunft vermehrt zur Sprache bringen werden und auch politische Veränderungen anstrebt.