Was Direktorin Anne Lévy (50) und ihr Bundesamt für Gesundheit (BAG) in diesen Tagen entscheiden, das hat Gewicht. Mit den im Juli bevorstehenden Sommerferien hängen ihr darum nicht nur Schweizer Tourismusverantwortliche an den Lippen. Auch unzählige Reiselustige, die es ans Mittelmeer oder gar weiter weg zieht, haben die Unsicherheit satt.
Denn vom Umfang der Quarantänemassnahmen und Reisebeschränkungen hängt ab, wie viel Normalität im Sommer für Reisen im In- und Ausland zurückkehrt.
Im Interview mit «Travel Inside» spricht Lévy denn auch von einer «Erleichterung für die Reisebranche», dass Geimpfte und Genese aus Ländern ohne Virus-Mutationen neu ohne Quarantänepflicht einreisen können. Ebenfalls erleichternd sei, dass der Bundesrat die kategorische Warnung für Reisen aufgehoben habe. Allerdings warnt sie auch: «Wo die Pandemie stark wütet, wo wenig Menschen geimpft sind oder neue Virusmutationen auftauchen, sollen Reisende weiterhin vorsichtig sein.»
«Gar nicht klar, wo sich Menschen anstecken»
Ein Freipass für Auslandsreisende ist das noch lange nicht. Nicht nur, weil laut Lévy «den allermeisten Menschen gar nicht klar ist, wo genau sie sich angesteckt haben.» Auch eine Überlastung der Gesundheitssysteme von Drittländern habe mit den bundesrätlichen Reiseeinschränkungen verhindert werden sollen.
Für weitere Erleichterungen soll das Covid-Zertifikat sorgen. Weil es einfach und übersichtlich anzeigt, ob eine Person geimpft, negativ getestet oder genesen ist, soll es die Einreise in Touristendestinationen, sowie die Rückkehr in die Schweiz erleichtern.
Dass bei der Quarantänepflicht zwischen Geimpften und negativ Getesteten weiterhin Unterschiede gemacht werden, erklärt Lévy folgendermassen: «Ein Test ist bloss eine Momentaufnahme, die Krankheit kann bis zu 14 Tage nach der Ansteckung ausbrechen.» Bei Geimpften und Genesenen sei diese Gefahr sehr gering.
Regionen-Ärger bleibt bestehen
Was für viele Reisende weiterhin ein Mühsal sein wird: Auch in Zukunft verzichtet das BAG auf eine Unterscheidung zwischen verschiedenen Regionen innerhalb eines Landes, sofern es nicht ein Nachbarland ist. Besonders frustrierende Auswirkungen könnte das je nach Pandemie-Fortgang für Insel-Liebhaber im Mittelmeerraum haben.
Lévy rechtfertigt sich: «Es ist sehr schwierig und teilweise schlicht unmöglich, zuverlässige Daten für alle Regionen der Inselstaaten zu bekommen.» Zudem sei es oft kaum kontrollierbar, wo Reisende wirklich herkommen. Viele würden über einen Zweitflughafen zurückkehren.
Dass der Badeferien-Traum Ägypten trotz tiefer offizieller Zahlen noch immer auf der Risikoliste figuriert, rechtfertigt Lévy mit dem schlechten Krisen-Management der Regierung. Es sei Teil von einer Gruppe Ländern, in dem «die offiziellen Zahlen sehr unzuverlässig sind.»
Auch wenn die Corona-Zahlen sinken, spricht sie noch nicht von einer Entwarnung. «Ich gehe davon aus, dass die BAG-Liste in den nächsten Monaten weitergeführt wird», sagt Lévy zu «Travel Inside». Nur, wenn man es wirklich schaffe, dass sich 80 Prozent der Bevölkerung impfen liessen, könne sie sich vorstellen, weniger Massnahmen zu benötigen. (Neue Quarantäneliste hier).
«Maskenpflicht in geschlossenen Räumen ist sinnvoll»
Zur Maskenpflicht im Flugzeug sagt die BAG-Direktorin, dass sie sich gut vorstellen könne, dass diese «noch länger aufrechterhalten bleibt.» Und weiter: «Solange die Menschen nicht geimpft oder genesen sind, ist die Maskenpflicht vor allem in geschlossenen Räumen sinnvoll.»
Sie könne sich gut vorstellen, dass die Maskenpflicht noch für längere Zeit, Teil unseres Reisealltags sein werde. (ste)