Zehn Cervelats für weniger als sieben Franken. Ein ganzes Kilogramm Fleisch, zertifiziert, rabattiert, mindestens zu 90 Prozent aus Schweizer Schwein. Abgemischt mit Salz und Gewürzen, in einen Darm gepresst. Damit geht der Discounter Lidl aktuell auf Kundenfang.
Geht es nach dem Bundesamt für Landwirtschaft (BLW), könnte aber schon bald Schluss sein mit solchen Aktionen. Die Behörde prüft ein Verbot von Werbung mit Fleischpreisen, wie Vizedirektor Adrian Aebi (48) gegenüber der Sonntagspresse bestätigt hat. Das Verbot sei Teil der Überlegungen in Richtung einer nachhaltigen Ernährungspolitik. Der Klimaschutz spiele eine Rolle. Vorbild sei die Debatte in Deutschland, die von Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (48) lanciert wurde.
Die Idee findet in der Schweiz aber nur wenig Anklang. «Am Ende wird gar noch Werbung für Benzin oder Erdgas verboten», sagt Patrick Dümmler (48), Mitglied der Geschäftsleitung von Avenir Suisse. Das Werbeverbot sei «paternalistisch». Dümmler fordert stattdessen einen Stopp der Steuermillionen für die Fleischwerbung. «Das ist ein Unding und gehört abgeschafft», sagt er.
«Äs blöds Gstürm»
Tatsächlich alimentiert der Bund auf der einen Seite die Vermarktung von heimischem Fleisch. Der Verband Proviande lebt zu einem Grossteil von diesen Geldern. Gleichzeitig denkt der Bund offen über Werbeverbote mit Billigfleisch nach. Eine schwierige Kombination. Deshalb steht der Vorwurf der Scheinheiligkeit im Raum.
Das Werbeverbot findet nicht einmal Unterstützung bei den Bauern, die vom Fleischverkauf leben. Wagyu-Züchter Peter Hunkeler (63) hat klare Worte für die Debatte. «Äs blöds Gstürm» sei es. «Wir sind mündige Bürger», sagt der Landwirt aus dem luzernischen Götzental.
Hunkeler ist seit den 70ern als Bauer tätig. Jahrzehntelang pflanzte er Gemüse an, dann kaufte er sich Mutterkühe, vor fast zehn Jahren sattelte er schliesslich auf Wagyu-Rinder um. «Beim Fleisch ist es wie beim Nikotin», sagt er. «Man kann die Werbung verbieten, aber es wird trotzdem konsumiert.» Das Produkt sei ein Genussmittel. «Wir sollten aufhören, auf dem Fleisch rumzuprügeln.»
«Nur ein Tropfen auf den heissen Stein»
Einige Politikvertreter wittern nach den Aussagen des BLW-Vize aber Morgenluft. Im Parlament haben sich insbesondere die beiden Grünen-Politiker Meret Schneider (28) und Kilian Baumann (40) mit dem Thema hervorgetan. Schneiders letzter Vorstoss datiert auf Mitte Juni. «Keine Werbung für Produkte, die der Ernährungsstrategie der Schweiz widersprechen», fordert sie darin. Das Postulat ist im Rat noch nicht behandelt.
«Ein Werbeverbot für Billigfleisch ist nur ein Tropfen auf den heissen Stein», sagt auch Greenpeace-Sprecherin Yvonne Anliker. Nebst einer deutlichen Reduktion des Konsums von tierischen Produkten brauche es in der Schweiz eine tiefgreifende Agrarreform. Anliker fordert unter anderem, «dass die Einfuhr von tierischen Produkten einzuschränken oder gar zu verbieten ist». Für den Herbst kündigt sie eine Petition an. Der Titel: «Keine Steuergelder für Werbemärchen».