Auswanderer Urs Schmid führt in Costa Rica ein Hotel
«Bringe meinen Angestellten Essenspakete zum Überleben»

Das Hotel von Schweiz-Auswanderer Urs Schmid in Costa Rica steht seit März leer. Die meisten seiner Angestellten musste er suspendieren.
Publiziert: 08.09.2020 um 15:28 Uhr
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Aktualisiert: 10.09.2020 um 08:24 Uhr
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Urs Schmid wanderte 1992 mit seinen Eltern nach Costa Rica aus. Heute führt er nur Meter vom Strand entfernt ein Hotel.
Foto: Sean Davis
Levin Stamm

Mitte März herrscht im sonst so idyllischen Touristenort Tamarindo an der pazifischen Küste plötzlich Chaos. Soeben haben zahlreiche Regierungen Europas die Schliessung ihrer Grenzen bekanntgegeben. Durch die Gänge des Hotel Capitán Suizo gehen das Gerücht von der Einstellung des Flugverkehrs. Hals über Kopf reisen zahlreiche Gäste ab, um doch noch eine Maschine in Richtung Heimat zu erwischen.

Mittendrin im ganzen Tumult: Schweiz-Auswanderer Urs Schmid (35). 1992 zogen die Eltern des damals Siebenjährigen vom Engadin ins Tropenparadies und eröffnen direkt am Strand ein Hotel. So verlassen wie jetzt war es in der langjährigen Geschichte aber noch nie: «Ende März haben wir die Tore geschlossen. Seither zehren wir von unseren Reserven», sagt Schmid, der das Hotel inzwischen führt.

Suspendierte erhalten Essenspakete

«Ohne Gäste halten wir nicht mehr Monate durch», weiss Schmid, «danach wären wir gezwungen, ein Darlehen aufzunehmen.» Den Grossteil seiner 80 Angestellten musste Schmid suspendieren. Einzig einige Sicherheits- und Putzleute beschäftigt er weiter.

Den arbeitslosen Einheimischen steht das Wasser bis zum Kopf: «Wenige verfügen hier über Ersparnisse. Plötzlich sind Tausende Existenzen bedroht. Der Staat versucht zu helfen, ist mit der Situation aber heillos überfordert. «Einige Familien sind einem Hilfsprogramm angeschlossen und erhalten monatlich 125'000 Colones. Das sind weniger als 200 Franken!»

Seine Leute auszuzahlen und zu entlassen, dagegen hat sich Schmid bewusst entschieden. «Das würde sie noch mehr in Schwierigkeiten bringen.» Stattdessen fährt er zweimal pro Monat in die Dörfer zu seinen Angestellten: «Ich verteile Essenspakete, zahle ihre Strom- und Telefonrechnungen.»

Druck auf die Regierung steigt

Lange nahm die Bevölkerung die strengen Corona-Massnahmen der Regierung ohne zu murren hin – die tiefen Infektionszahlen gaben ihr Recht. Doch in den letzten Wochen hat sich das Blatt gewendet. Die Zahlen steigen, die Lage gerät immer mehr ausser Kontrolle. Ende Juli gehen die Menschen ein erstes Mal auf die Strassen, um für eine Lockerung der Massnahmen zu protestieren. «Wir wollen nur arbeiten», schreien sie durch die Strassen der Hauptstadt San José.

Doch die Costa Ricaner machen nicht nur die Regierung für ihre missliche Lage verantwortlich. Den Anstieg an Corona-Fällen führen sie auf Flüchtlinge aus dem nördlichen Nicaragua zurück, die vor dem autoritären Regime von Präsident Daniel Ortega (74) fliehen.

Schmid weiss: «Die Nicaraguaner nutzen für die Flucht abgelegene Schleichwege durch den Wald.» So würden viele Fälle eingeschleppt. Die Regierung dort verharmlost die Situation, die offiziellen Zahlen befinden sich vermutlich weitab von der Realität.

Das schlägt sich auch auf die Wirtschaft nieder: Seit Ausbruch der Krise hat sich die Arbeitslosigkeit von 12 auf 24 Prozent verdoppelt. Unter Frauen ist gar jede Dritte ohne Job.

Vor allem in den touristischen Küstenregionen ist die Lage prekär. Seit 1. August sind Kanadier und Europäer zwar wieder willkommen, bleiben aber weiterhin weg. Touristenvertreter haben nun auch durchgesetzt, dass Touristen aus einzelnen US-Staaten wieder einreisen dürfen. Die Chancen, dass die Infektionszahlen sinken, werden damit kaum besser.

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