Seit Jahrzehnten fordert die Politik eine stündliche Bahnverbindung zwischen Zürich und München (D) – doch nichts passiert.
SP-Urgestein Paul Rechsteiner (71), der sich bereits 1996 im Parlament für einen Stundentakt einsetzte, sagt jetzt im Gespräch mit Blick: «Die SBB, das Bundesamt für Verkehr und das Uvek müssten regelmässig in München und Berlin Druck machen.» Nur wenn die bayerische Staatsregierung und Berlin die Strecke Zürich–München priorisierten, werde sich etwas tun.
Zwar rollen mittlerweile täglich sieben gut besetzte Schweizer Eurocitys von Zürich nach München. Zusätzlich bietet die Fluggesellschaft Swiss Air-Rail-Verbindungen an. Doch auch Bahn-Aufseher Peter Füglistaler (64) ist unzufrieden: «Mit der Pünktlichkeit der EC-Verbindung kann man nicht zufrieden sein, die Verbindung von und nach München weist ein hohes Mass an Verspätungen auf.» Die Qualität dieses Angebots sei «nach wie vor noch nicht dort, wie es in der Schweiz erwartet wird».
Die SBB versichern, alles zu tun, um Verspätungen in Grenzen zu halten. «Wir haben die Wartefrist für einen verspäteten EC auf zehn Minuten erhöht», teilt eine Sprecherin mit. Will heissen: Verspätet sich der EC aus München innerhalb dieses Limits, braucht er nicht einem langsamen Interregio hinterherzufahren – oder kann ihn in St. Gallen überholen.
«Es gibt aktuell zu wenige Kreuzungsstellen im Verspätungsfall»
Dennoch ist mit einem Stundentakt auf der Strecke Zürich–München nicht zu rechnen, denn auf deutschem Gebiet verläuft sie teilweise eingleisig – und ein Ausbau lässt auf sich warten. «Insbesondere der Realisierungszeitpunkt der (...) vorausgesetzten Infrastrukturausbauten liegt weit in der Zukunft», heisst es in einem vertraulichen Gutachten, das Blick gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz einsehen konnte.
Auch das Bundesamt für Verkehr (BAV) bemängelt die deutsche Infrastruktur: «Hier ist die Strecke eingleisig, und es gibt aktuell zu wenige Kreuzungsstellen im Verspätungsfall. Verspätungen übertragen sich somit direkt auf die Gegenzüge.» Zwar seien in den nächsten Jahren Baumassnahmen geplant, etwa eine zusätzliche Kreuzungsstelle bei Memmingen (D) und zusätzliche Abschnittssignale. Doch all das genügt nicht, um den Stundentakt in Reichweite zu bringen.
Hinzu kommt: Nicht nur Deutschland leistet sich auf der Strecke Zürich–München Patzer. Auch die SBB machten anfangs Probleme: Das Rollmaterial stand nicht rechtzeitig bereit – bis April 2021 mussten Fahrgäste von 50 Prozent der Züge in St. Margrethen SG umsteigen. Entsprechend verärgert reagierte Bahn-Aufseher Füglistaler: «Seit Jahrzehnten wartet man in der Schweiz auf den Ausbau in Deutschland (...), und dann ist die SBB nicht in der Lage, rechtzeitig einen Zug mit der erforderlichen Ausrüstung bereitzustellen.» So steht es in einem BAV-Protokoll.
Immerhin dieses Problem ist seit 2021 gelöst. Nun heisst es weiter: Warten auf den Ausbau in Deutschland.