In Teilen Asiens und in Australien herrscht Corona-Alarm! China, Japan und Australien kämpfen mit rasch steigenden Fallzahlen. Grund ist die ansteckendere Delta-Variante des Coronavirus. Die Weltstadt Sydney befindet sich seit einem Monat im Lockdown. Auch die Metropole Brisbane hat in den vergangenen Tagen dasselbe Schicksal ereilt.
Ein ähnliches Bild zeigt sich in China. Dort sind die Corona-Fallzahlen so stark angestiegen wie seit Beginn der Pandemie nicht mehr. Die Folge sind strikte Lockdowns. In Japan fordert der Chef der Regierungspartei dieselbe Massnahme.
Die Corona-Situation hat für Aufregung an den asiatischen Börsen gesorgt. Das Vertrauen der Anleger ist erschüttert. «Nach dem schlimmsten Ausbruch seit Beginn der Pandemie sind in China Millionen von Menschen im Lockdown, und angesichts der Risiken für die Lieferketten könnte sich dies in grösserem Masse auf die Weltwirtschaft auswirken», sagte Elizabeth Tian, Leiterin der Abteilung für Aktienderivate bei der Citigroup.
Bewährungsprobe für Chinas Null-Covid-Strategie
In Nanjing, der Hauptstadt der exportstarken chinesischen Provinz Jiangsu, wurde die Delta-Variante des Coronavirus Ende Juli in der Volksrepublik erstmals nachgewiesen. Seither hat sie sich im Land ausgebreitet: Bis Sonntag wurden 353 Fälle offiziell von den Behörden bestätigt.
Viele Städte warnen vor nicht unbedingt notwendigen Reisen. Wer dennoch reist, muss einen negativen Test vorlegen. Die politischen Entscheidungsträger stehen unter Druck, da sie die Bevölkerung schützen und gleichzeitig die Wirtschaft nicht übermässig belasten wollen.
«Die Delta-Variante ist die grösste Bewährungsprobe für Chinas Null-Covid-Strategie seit dem ersten Ausbruch im vergangenen Jahr», sagte Ökonom Julian Evans-Pritchard von Capital Economics. Aber angesichts der bisherigen Erfolge des Landes im Umgang mit dem Virus gehe er davon aus, dass China den Ausbruch unter Kontrolle bringen werde.
Chinas Wirtschaft dürfte leiden
Ökonomen erwarten aber, dass Binnenkonsum und Dienstleister unter den Massnahmen gegen die Ausbreitung der Delta-Variante leiden dürften. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat gerade erst seine Wachstumsprognose für Chinas Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 8,4 auf 8,1 Prozent gesenkt.
Wie schnell Turbulenzen in der zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt auf den globalen Warenaustausch durchschlagen können, hat die coronabedingte zeitweise Schliessung des Handelshafens Yantian am 21. Mai gezeigt. Diese hatte gravierendere Folgen für globale Lieferketten und Warenströme als die Schiffshavarie im Suezkanal. Seit dem 24. Juni ist der Hafen wieder geöffnet.
Vor allem für die Technik- und Elektronikbranche stellten die zwischenzeitlich bei der Container-Verladung eingetreten Verzögerungen ein Problem dar. Normalerweise laufen rund 90 Prozent aller Elektronikexporte aus der Volksrepublik über den Hafen von Yantian. Zwar hat der Hafen, der die Industriemetropole Shenzhen mit dem Ausland verbindet, Anfang Juli seine Aktivitäten wieder komplett aufgenommen. Es ist aber trotzdem noch mit längerfristigen Beeinträchtigungen zu rechnen.
«Wir können keine Waren ausliefern»
Yangzhou, das in der Nähe von Nanjing liegt, kämpft seit Mittwoch mit steigenden Corona-Fällen. Viele Fabriken und Logistikunternehmen in der Fünf-Millionen-Stadt sind geschlossen worden, weil sich die Mitarbeitenden in die Schlangen der Menschen einreihten, die sich testen lassen wollten – manche bis zu dreimal pro Woche.
«Wir können keine Waren ausliefern, weil die Lieferfirma uns mitgeteilt hat, dass sie ihre Dienste eingestellt hat», sagte der Manager einer Spielzeugfabrik mit dem Nachnamen Wang. «In den vergangenen Tagen wurden viele Orte nach und nach abgesperrt. Wir wurden heute offiziell angewiesen, den Betrieb einzustellen. Kein Mitarbeiter ist in die Fabrik gekommen.»
Der Tourismus könnte im August, der wegen der Schulferien normalerweise eine Hauptreisezeit ist, einen Rückschlag erleiden. In Zhangjiajie, wo die Hallelujah-Berge als Kulisse für den Kino-Blockbuster «Avatar» dienten, wurde ein Ausbruch der Krankheit mit Nanjing in Verbindung gebracht. Dieser soll auf eine Theateraufführung in einer Touristenattraktion am 22. Juli zurückzuführen sein.
Neue Corona-Wellen
Touristenattraktionen geschlossen
Chinas führender Corona-Experte Zhong Nanshan macht sich zwar keine allzu grossen Sorgen über die Fähigkeit von Grossstädten wie Nanjing, das Virus mit ihren «hervorragenden» Kontrollsystemen zu bekämpfen. Es gebe jedoch Zweifel an der Fähigkeit kleinerer Orte wie Zhangjiajie, wenn sie plötzlich die 2000 Zuschauer der Show und deren enge Kontakte testen und aufspüren müssten, sagte der Experte chinesischen Medien zufolge. Denn sie würden nur über begrenzte Ressourcen verfügen.
Zhangjiajie in der Provinz Hunan hat einen Lockdown light verhängt, Touristenattraktionen und überdachte Vergnügungsstätten geschlossen und die Bevölkerung aufgefordert, unnötige Reisen zu vermeiden. «Alle Mitarbeiter unseres Hotels müssen sich alle zwei Tage einem Nukleinsäuretest unterziehen», sagte ein Rezeptionist mit dem Nachnamen Li im Zhangjiajie Huatian Hotel.
Das Hotel ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich, das Online-Reservierungssystem ausgesetzt. Eine Mitarbeiterin der Reiseagentur Zhangjiajie China International Travel Agency mit dem Nachnamen Yin sagte, dass alle Mitarbeiter nach Hause geschickt wurden, um «Urlaub» zu machen. «Wir warten auf die Mitteilung, wann wir wieder anfangen können zu arbeiten», sagte sie. (nim/SDA)