Angst vor Kontingentierung
Schweizer Wirtschaft organisiert Strom-Basar

Vielen gehen die Vorbereitungen des Bundesrats für einen allfälligen Strom- und Gasmangel nicht weit genug. Die Wirtschaft organisiert sich nun selber und will Kontingente untereinander handeln.
Publiziert: 21.08.2022 um 13:21 Uhr
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Wenn in der Schweiz im Winter Strom und Gas kontingentiert werden sollten, ...
Foto: keystone-sda.ch

Um Strom und Gas geht das grosse Feilschen los: Die Schweizer Wirtschaft organisiert eine Online-Handelsplattform, auf der Unternehmen ihre Kontingente für Strom und Gas an andere Firmen verkaufen können. Unter mangellage.ch sollen Grossverbraucher schon ab dem Herbst Energie kaufen und verkaufen können, schreibt die «NZZ am Sonntag».

Hinter dem Online-Energie-Basar stehen unter anderem der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse, der Industrieverband Swissmem sowie der Pharma- und Chemieverband Scienceindustries.

Die Idee: Unternehmen, die ihre Kontingente für Strom oder Gas nicht brauchen, können sie auf der Plattform verkaufen. Aber wird es überhaupt Unternehmen geben, die Kontingente verkaufen? Ja, prognostizieren die Initiatoren. Wenn der Verbrauch von Strom und Gas tatsächlich eingeschränkt wird, wird es Firmen geben, die ihre Produktion ganz herunterfahren müssen – arbeiten auf Sparflamme ist dort nicht möglich. Wenn sie ihre Kontingente verkaufen, generieren sie daraus wenigsten noch ein paar Einnahmen.

Sparappelle in Corona-Farben

Die Verbände rechnen damit, dass sich mehrere Hundert Firmen beteiligen. Sie bezahlen eine Jahresgebühr von einigen Hundert Franken, um ihre Strom- und Gaskontingente über die Plattform handeln zu können.

Private hingegen können über die Plattform keine zusätzlichen Strom- oder Gasmengen kaufen. Das müssen sie aber auch gar nicht: Gemäss dem mehrstufigen Plan des Bundes betreffen allfällige Kontingentierungen industrielle Verbraucher. Privathaushalte und andere geschützte Verbraucher hingegen, etwa Spitäler, sind ausgenommen.

Auch Privathaushalte sind allerdings zum Strom- und Gassparen aufgerufen. Der Bund startet in rund zwei Wochen eine entsprechende Kampagne. Wie die «NZZ am Sonntag» schreibt, erhofft er sich dadurch Einsparungen im Umfang von 10 bis 20 Prozent. Und das, obwohl die Kampagne wohl ziemlich handzahm daher kommt. Statt alarmistischer Warnungen vor einem Blackout lautet der Slogan gemäss der Zeitung: «Energie ist knapp. Verschwenden wir sie nicht.»

Verknüpft wird die Aufforderung mit Spartipps – etwa, dass man duschen statt baden soll. Analog zur Kommunikation über die Corona-Massnahmen, soll die Kampagne je nach Ernst der Lage mit anderen Hintergrundfarben hinterlegt werden. Auch hierfür gibt es eine eigene Online-Plattform: nicht-verschwenden.ch. Bislang ist die Webseite allerdings noch im Aufbau.

Strassenlampen ausschalten

Einigen geht die Vorgehensweise des Bundesrats allerdings nicht weiter genug: In der «Sonntagszeitung» fordern Economiesuisse und die Grünen gemeinsam, dass der Bundesrat schon im Herbst verpflichtende Sparmassnahmen erlässt – auch für die Bevölkerung.

Der Grüne Nationalrat Bastien Girod (41) sagt in der «Sonntagszeitung» dazu: «Wenn wir jetzt mit sanften Einschränkungen sparen, die niemandem wehtun, dann können wir vielleicht eine Mangellage und harte Spareinschnitte mit möglicherweise unabsehbaren Folgen verhindern.»

Girod und Economiesuisse schwebt etwa vor, dass Gebäude und Schaufenster nicht mehr beleuchtet oder Rolltreppen nicht mehr betrieben werden dürften. Auch Strassenlampen könnten abgeschaltet werden.

Dadurch soll schon im Herbst Wasserstrom gespart werden – damit die Stauseen für den Rest des Winters ausreichend gefüllt bleiben. (sfa)

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