Ein Hongkonger Gericht hat die Abwicklung des hochverschuldeten chinesischen Baukonzerns Evergrande angeordnet. Nach der Ankündigung stürzten Evergrande-Aktien um mehr als 20 Prozent ab.
Richterin Linda Chan erklärte am Montag, sie halte den Schritt in Anbetracht des «offensichtlichen Mangels an Fortschritten seitens des Unternehmens bei der Vorlage eines tragfähigen Umstrukturierungsplans» für angemessen und ordne ihn daher an. Wenig später teilte die Hongkonger Börse den Stopp des Handels mit Wertpapieren von Evergrande sowie der Tochtergesellschaft für Elektrofahrzeuge mit.
Aufschub am Montag verstrichen
Anfang Dezember hatte Richterin Chan dem Unternehmen für die Vorlage eines Umstrukturierungsplans einen Aufschub gewährt, um die drohende Abwicklung noch abzuwenden. Diese Frist ist am Montag verstrichen.
«Das Unternehmen hat sich die Auflösung selbst zuzuschreiben», sagte Gläubiger-Anwalt Fergus Saurin nach der Entscheidung des Gerichts. Evergrande habe es versäumt, mit den Gläubigern in den Dialog zu treten.
Evergrande steht im Mittelpunkt der Krise des chinesischen Bausektors. Chinas Behörden hatten 2020 mit Beschränkungen bei der Kreditbeschaffung auf die ausufernde Verschuldung der Branche reagiert. Besonders bei Evergrande führte dies zu Zahlungsausfällen und Projektabbrüchen. 2021 beantragte der Konzern ein Insolvenzverfahren. Er hat umgerechnet mehr als 300 Milliarden Euro Schulden angehäuft.
Im März letzten Jahres bot Evergrande seinen Gläubigern an, ihre Schulden gegen neue, vom Unternehmen ausgegebene Wertpapiere und Aktien zweier Tochtergesellschaften einzutauschen. Im September wurde der Konzernchef Xu Jiayin in China festgenommen, die Aktienkurse stürzten ab. Der Handel mit den Aktien des Baukonzerns wurde daraufhin eingestellt, Anfang Oktober jedoch wieder aufgenommen. Behördliche Untersuchungen gegen eine weitere Tochterfirma sorgten für weitere Unsicherheit.
Was passiert nun?
Wird ein Unternehmen liquidiert, wird gemäss Reuters ein vorläufiger Liquidator und schliesslich ein offizieller Liquidator bestimmt. Dieser übernimmt die Kontrolle und bereitet den Verkauf der Vermögenswerte des Unternehmens vor, um dessen Schulden zu begleichen. Die Insolvenzverwalter könnten Gläubigern einen Umschuldungsplan vorschlagen, sollte Evergrande über genügend Vermögenswerte verfügen.
Evergrande kann zwar Berufung gegen den Liquiditätsbeschluss einlegen, allerdings wird das Liquiditätsverfahren bis zu einem allfälligen erneuten Gerichtsprozess weitergeführt. (SDA/neo)