Im Internet treiben Betrüger verstärkt ihr Unwesen. So dreist, dass sogar die Polizei öffentlich davor warnt. Die Warnung der Kantonspolizei bezieht sich allerdings nur auf das Wallis. «Falsch», sagt Blick-Leser Michael Bolliger (49), «das betrifft die ganze Schweiz.»
Bolliger betreibt in Luzern einen Service als PC-Doktor, hat viele ältere Kundinnen und Kunden. Auch von ihnen sind viele betroffen. «Viele Kunden haben Panik bekommen, als diese Mails in ihrem Posteingang gelandet sind.» Und haben sich bei Bolliger gemeldet.
In den E-Mails mit angehängtem PDF-Brief behaupten die Betrüger, die Angeschriebenen hätten sich der Verbreitung von pädophilen Inhalten schuldig gemacht. Der Absender: ein schlecht gefälschter Briefkopf der Eidgenossenschaft. Die Schreiben tragen Vermerke wie «Police.ch», «Cybercrimepolice.ch» oder «Europol», sind in Deutsch oder Französisch abgefasst.
Zahlen oder Gefängnis
Bolliger ist in die Falle der Internetbetrüger getappt. Der PC-Spezialist hat zwar nicht auf die E-Mails geantwortet – was man auf keinen Fall tun sollte –, aber sie dummerweise geöffnet. Das Öffnen lässt sich tracken – so ermitteln auch Newsletter-Versender die Öffnungsrate ihrer E-Mails. Bolliger hat mit dem Öffnen den Betrügern wohl ungewollt signalisiert, dass da vielleicht etwas zu holen wäre.
Ein paar Stunden geschieht nichts, doch dann wird er vor die Wahl gestellt, ob er bis zu fünf Jahren ins Gefängnis möchte – oder die Sache mit der Zahlung von ein paar Tausend Euro aus der Welt schaffen möchte. Damit er so seinen Ruf wahren könne.
Das E-Mail mit dem Absender «Poliz Féderal» ist in einem kruden Deutsch gehalten, strotzt vor Fehlern, mit einer Staatsanwältin der «République de Versailles» wird gedroht.
Eine halbe Stunde später wird der Druck durch die Betrüger erhöht. Bolliger soll wählen, ob er zahlen oder ins Gefängnis gehen will. Und im nächsten E-Mail heisst es: «Sie müssen uns innerhalb weniger Stunden eine Antwort geben, sonst sehen wir uns gezwungen, Sie vor Ihrer Familie und Ihren Angehörigen zu verhaften.»
Löschen, nicht lesen!
Bolliger geht es vor allem auch darum, andere Leute davor zu warnen, ja nicht auf solche E-Mails zu antworten, sondern diese umgehend zu löschen. Dazu rät auch die Kantonspolizei Wallis, die als erste die aktuellen Fälle publik gemacht hat: «Keinesfalls in Kontakt mit dem Absender treten, also nicht auf die E-Mails antworten.»
Die Gefahr bei solchen Attacken: Durch den Austausch von Mails mit den Betrügern könnte es in der Folge zum Datenklau kommen. Oder aber es wird so lange Druck aufgebaut, bis der eine oder andere vielleicht eben doch bezahlt.