Auf einen Blick
- Immo-Firma prellt Kunden um Ferienhäuser auf Sardinien
- Schweizer Familie betroffen: 78'000 Euro Anzahlung geleistet, Haus nie erhalten
- Weitere Betroffene aus Norwegen, Deutschland, Österreich und den USA
S. Costa* (57) und seine Frau haben schon lange von einem kleinen Haus am Meer geträumt. Eine Traumresidenz, in der sie mit ihren zwei Töchtern die Ferien verbringen wollen. Ein Rückzugsort fürs Alter – in der alten Heimat Italien. Als das Ehepaar 2022 online auf das Bauprojekt «Badesi Mare» stösst, ist es sofort angetan. Die Immobilienfirma Arras Group will in Badesi (I) 19 Ferienhäuser bauen. Das kleine Dorf liegt an einem Berghang im Norden Sardiniens. Das kristallklare Meer des Golfs lediglich ein Kilometer entfernt. Ein wahres Ferienparadies!
«Wir waren schon mehrmals auf Sardinien in den Ferien, uns gefallen die Landschaft, die Leute und das Meer dort», sagt Costa zu Blick. Die Liebe für die Insel ist geblieben, doch ein Lächeln sucht man in Costas Gesicht vergebens, wenn er darüber spricht. Das Lachen ist ihm schon lange vergangen. Stattdessen ist da Wut und Verzweiflung.
Costa kam mit seinen Eltern mit zwölf Jahren in die Schweiz. Heute lebt und arbeitet er im Kanton Zürich. Zusammen mit seiner Frau führt er ein eigenes Geschäft. Die Familie will anonym bleiben, doch was ihnen widerfahren ist, soll an die Öffentlichkeit. «Um andere vom selben Schicksal zu bewahren», sagt Costa.
Feriensiedlungen aus dem Katalog
Die Website der Arras Group ist professionell gemacht. Das Immobilienunternehmen hat sich auf Zweitwohnsitze am Meer spezialisiert und auch bereits Ferienhäuser auf der Insel Sardinien gebaut. Die Gruppe war 2023 kurzzeitig an der italienischen Börse kotiert – bis sie im September 2024 suspendiert wurde.
Aktuell preist die Arras Group auf der Website gleich mehrere neue Bauprojekte auf Sardinien an. Sie befinden sich in Castelsardo, Badesi, Calasetta oder Poetto. Aber auch auf Sizilien und in Apulien. Über 300 Ferienhäuser stehen aktuell zum Verkauf. Die Visualisierungen und Baupläne dieser Feriensiedlungen sehen verlockend aus. Die Bilder zeigen Neubauten wie aus dem Katalog.
Die Arras Group hat es offenbar besonders auf Schweizer Kunden mit dickem Portemonnaie abgesehen. Im Januar 2024 hat die Immobilienfirma in Neuenburg einen Showroom eingeweiht. Man wolle die Anzahl Schweizer Kunden verdoppeln, meldete die Internet-Plattform «Luxury Tribune» damals. Die Eröffnung wurde gross gefeiert. Mit dabei waren ranghohe Angestellte der Neuenburger Behörden, der italienische Botschafter sowie Jean-Christophe Babin (65), CEO von Bulgari. Dieser agierte damals als Verwaltungsrat der Arras Group. Inzwischen ist er vom Amt zurückgetreten. Doch Babin ist weiterhin Investor und verantwortlich für die Schweizer Niederlassung. Als Kunde der Arras Group lässt er sich aktuell ein Haus in Golfo Aranci in Sardinien bauen. Ob dieses jemals fertig wird, steht in den Sternen.
Die Arras Group hat es offenbar besonders auf Schweizer Kunden mit dickem Portemonnaie abgesehen. Im Januar 2024 hat die Immobilienfirma in Neuenburg einen Showroom eingeweiht. Man wolle die Anzahl Schweizer Kunden verdoppeln, meldete die Internet-Plattform «Luxury Tribune» damals. Die Eröffnung wurde gross gefeiert. Mit dabei waren ranghohe Angestellte der Neuenburger Behörden, der italienische Botschafter sowie Jean-Christophe Babin (65), CEO von Bulgari. Dieser agierte damals als Verwaltungsrat der Arras Group. Inzwischen ist er vom Amt zurückgetreten. Doch Babin ist weiterhin Investor und verantwortlich für die Schweizer Niederlassung. Als Kunde der Arras Group lässt er sich aktuell ein Haus in Golfo Aranci in Sardinien bauen. Ob dieses jemals fertig wird, steht in den Sternen.
Costas glauben, was sie sehen. Sie entscheiden sich für eins der Häuser in der «Badesi Mare»-Siedlung. «Wir erhielten darauf einen Kaufvertrag, den wir unterschreiben sollten», so Costa. Darin steht, dass das Haus bis September 2023 fertiggestellt sein soll. Den Kaufvertrag will das Ehepaar von einem Anwalt oder Notar prüfen lassen. Doch der CEO der Gruppe, Enrico Arras (43), interveniert. Sie könnten sich diese Kosten sparen, der Kautionsbetrag sei versichert, sagt er. Heute weiss Costas: Arras hat sie in die Irre geführt.
Im Juli 2022 reiste das Ehepaar nach Sardinien und traf den Geschäftsführer persönlich. «Wir besichtigten das Baugrundstück sowie ein Musterhaus, das von Arras auf dem Nachbargrundstück um 2018 gebaut wurde», so Costa. Auf dem Nachbargrundstück befand sich auch eine bereits fertiggestellte Siedlung, die zwischen 2018 und 2019 von der Arras Group gebaut wurde. «Ein fertiges Projekt zu sehen, hat bei uns natürlich Vertrauen geweckt», so Costa.
Falsche Angaben im Kaufvertrag
Das Bauland, auf dem ihr Haus entstehen sollte, war damals aber noch komplett unbebaut. Es soll sich aber laut Arras bereits in seinem Eigentum befunden haben. Auch im Kaufvertrag, der Blick vorliegt, bezeichnet sich die Arras Group als «Landeigentümerin». Das sollte sich ebenfalls als falsch herausstellen. Der Arras Group gehörte das Land damals noch nicht.
Der Familie wurde noch einmal versichert, dass sie im nächsten Jahr in ihrem eigenen Haus Ferien machen könne und bis dahin wöchentlich über den Baufortschritt informiert würde. Daraufhin unterschrieb Costa den Kaufvertrag und leistete eine Anzahlung von 78'000 Euro. Ab da wird die Kommunikation schwammig.
«Wir standen über Whatsapp in ständigem Kontakt mit Enrico Arras, der uns immer wieder versicherte, dass alles nach Plan laufe», sagt Costa. Die versprochenen Bilder und Berichte von der Baustelle kamen aber nie. Im Juli 2023 hatte die Familie extra Ferien auf Sardinien geplant, um sich um die Einrichtung des Hauses zu kümmern, das bald fertig sein sollte. «Als wir an der angeblichen Baustelle ankamen, war davon nichts zu sehen!», erinnert sich Costa.
Der Baufortschritt bleibt aus
Das Bauland sah genau gleich aus wie vor einem Jahr. Beim Ehepaar läuteten die Alarmglocken. Sie vereinbarten ein Gespräch mit Arras in einem seiner Büros in Valledoria (I), wo die Costas auch den Kaufvertrag unterschrieben hatten. Arras räumt ein, mit dem Bau in Verzug zu sein. «Aber er versicherte uns, dass das Haus im Mai 2024 fertiggestellt sein würde», erzählt Costa.
Doch das Ehepaar lassen die Zweifel nicht los. Sie bitten Arras deshalb, ihnen die offiziellen Dokumente für das Bauland und die Baugenehmigung zu schicken. Arras redet sich heraus. «Er meinte, es fehlten noch ein paar kleine Details, und er würde uns die Dokumente am nächsten Tag schicken», schildert Costa. Das Ehepaar wartet bis heute darauf.
Käufer aus aller Welt warten auf Geld
«Anfang April 2024 schalteten wir einen Anwalt ein, der die Arras-Gruppe schriftlich zur Rückzahlung aufforderte», sagt Costa. Enrico Arras versichert, zu kooperieren. Immer wieder beschwichtigt er das Ehepaar – schickt ihnen unter anderem Bankbelege, die zeigen sollten, dass er das Geld überwiesen hat. Doch es kommt nicht auf ihrem Konto an.
Die Costas sind bei weitem nicht die Einzigen, die auf ein Haus oder Geld von der Arras Group warten. Rund 20 weitere Betroffene wohnen in der Schweiz, in Norwegen, Deutschland, Österreich und den USA. Mehrere Parteien haben inzwischen bei der Staatsanwaltschaft in Mailand, wo die Gruppe den Hauptsitz hat, Strafanzeige eingereicht – darunter auch die Costas. Blick liegt ihre Strafanzeige vor.
Das Bauland, auf dem die Feriensiedlung entstehen soll, wurde inzwischen verpfändet. Es ist unklar, wofür die Arras Group das Geld aus Anzahlungen und Reservationsgebühren verwendet hat.
Arras Group geschäftet weiter
Die Arras Group lässt sich derweil nicht vom Geschäft abbringen. Auf ihrer Website wird das Haus der Costas bereits wieder zum Kauf angeboten – zum dritten Mal in Folge! Statt 398’000 Euro soll es jetzt 440'000 Euro kosten. Doch die Luft wird immer dünner für die Immobiliengruppe. Auf die Suspendierung von der italienischen Börse folgten Medienberichte über die fragwürdigen Geschäftsbesorgungen der Arras Group in Italien.
Ende 2024 findet ein Videocall mit Enrico Arras und allen Klägern statt. Im Call versichert der CEO den Geschädigten, die Gelder seien nicht verloren, und er wolle alle Ferienhäuser noch bauen. Wer eine unterzeichnete Auflösungsvereinbarung besitze, werde sein Geld zurückbekommen. Das soll in drei Raten geschehen. Die erste Rate hat die Familie Costa am 20. Dezember 2024 erhalten. Andere Geschädigte warten bis heute darauf.
Konfrontiert mit allen Vorwürfen, schaltet Enrico Arras seine Anwältin ein. Diese schreibt, die Gruppe habe die Hauskäufer nicht um ihr Geld geprellt. Das Unternehmen räumt lediglich ein, mit Bauverzögerungen zu kämpfen.
* Name geändert