Die Milliarden-Pleiten von Greensill und Archegos im Frühjahr 2021 stehen sinnbildlich für die mangelhafte Risikokultur innerhalb der Credit Suisse. Als der britisch-australische Finanzdienstleister Greensill Capital in die Insolvenz schlittert, muss die CS vier Fonds im Wert von zehn Milliarden Franken einfrieren. Wenige Wochen später verspekuliert sich der US-Vermögensverwalter Archegos Capital – und brockt der CS einen Verlust von fünf Milliarden Dollar ein.
Das ist bald zwei Jahre her. Die zweitgrösste Schweizer Bank hat seither den Präsidenten und CEO ausgewechselt, zweimal eine neue Strategie angekündigt. Und trotzdem holt der Greensill-Skandal die Bank am Montagmorgen wieder ein. Grund ist eine Recherche der britischen «Financial Times».
Die CS habe Greensill im Oktober 2020, weniger als fünf Monate vor dem Zusammenbruch, einen Notkredit in der Höhe von 140 Millionen Dollar gewährt. Pikant: Die dafür hinterlegten Sicherheiten hätten teilweise auf Rechnungen von Unternehmen beruht, die nun erklären, dass sie nie mit Greensill Geschäfte gemacht haben.
Sicherheiten nur Luftschlösser?
Laut Dokumenten, die der «Financial Times» vorliegen, sind die Rechnungen von Liberty Commodities ausgestellt und an Greensill verkauft worden. Gegen das Unternehmen ermitteln die britischen Behörden und die französische Polizei wegen Verdachts auf Betrug und Geldwäsche.
Wenige Tage vor dem Zusammenbruch von Greensill legte die CS eine Forderungsaufstellung vom Februar 2021 vor, in der 99 Millionen Dollar an anrechenbaren Rechnungen aufgeführt wurden, die von zwölf verschiedenen Unternehmen stammten. In den Unterlagen, die der britischen Zeitung vorliegen, werden sieben dieser Unternehmen genannt. Aber mindestens vier Firmen haben der «Financial Times» bestätigt, dass sie über keine Unterlagen zu Transaktionen mit Liberty Commodities verfügen.
Mehr zur CS
CS hat die 140 Millionen Dollar erhalten
Dass die Sicherheiten wohl nur Luftschlösser waren, hat sich am Ende für die Credit Suisse nicht gerächt. Das 140-Millionen-Dollar-Darlehen wurde letztlich zurückgezahlt, wohl auch deshalb, weil die CS über erstrangige Sicherheiten an anderen Vermögenswerten von Greensill verfügte – darunter 50 Millionen Dollar in bar.
«Credit Suisse Asset Management hat unermüdlich daran gearbeitet, den Anlegern der Supply-Chain-Finance-Fonds ihre Barmittel zurückzugeben», kommentierte die Schweizer Grossbank. «Die Rückzahlung des Überbrückungsdarlehens an Greensill Capital in voller Höhe zuzüglich der geschuldeten Zinsen ist ein weiterer Beweis für unsere absolute Entschlossenheit, in dieser Angelegenheit wo immer möglich Regress zu nehmen.» (nim)