12 Prozent Lohnprämie in der Verwaltung
Bund und Gemeinden verzerren den Wettbewerb um Arbeitskräfte

Es besteht eine markante Lohndifferenz zwischen den Löhnen in der Privatwirtschaft und in der Verwaltung. Eine neue IPW-Studie untermauert diese Annahme und zeigt: Die Unterschiede sind sogar noch grösser als angenommen.
Publiziert: 13.06.2024 um 10:42 Uhr
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Aktualisiert: 13.06.2024 um 12:46 Uhr
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Wer in einer Verwaltung arbeitet, verdient für denselben Job besser als in der Privatwirtschaft.
Foto: Keystone
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Jean-Claude RaemyRedaktor Wirtschaft

Bundesbeamter sollte man sein! Für einen vergleichbaren Job mit derselben Qualifikation und Führungsstufe gibt es dort im Schnitt 11,6 Prozent mehr Lohn als in der Privatwirtschaft. Die Rede ist von einer «Verwaltungslohnprämie». Auch für Angestellte von Kantonen und Gemeinden gibt es diese.

Das Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP) der Universität Luzern hat diese Tatsache letztes Jahr in einer Studie nachgewiesen. Es zeigte sich anhand von Daten der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (SAKE): Der durchschnittliche Jahreslohn für eine Vollzeitstelle in der Bundesverwaltung liegt bei 118'457 Franken, währenddessen er in der Schweizer Privatwirtschaft 92'723 Franken beträgt. Das sind über 25'000 Franken Differenz pro Jahr oder 2000 Franken pro Monat!

Aufgrund der öffentlichen Debatte, die daraus entstand, legte die IWP nun mit einer vertieften Studie nach. Darin wurden erweiterte SAKE-Daten mit solchen der Lohnstrukturerhebung (LSE) des Bundesamtes für Statistik abgeglichen.

Fazit: Die durchschnittliche Lohnprämie von fast 12 Prozent beim Bund bestätigt sich. Und: «Die neuen Berechnungen lassen vermuten, dass die Lohnprämie sogar leicht höher liegt», so Studienautor und IWP-Direktor Christoph Schaltegger (52).

Frauen im Vorteil

Die neue Studie zeigt: Beim Bund ist die Lohnprämie am unteren Ende der Lohnskala mit 19 Prozent am höchsten und am oberen Ende der Lohnskala mit 4 Prozent am tiefsten. Sprich: Ein Einsteigerlohn beim Bund ist um fast 20 Prozent höher als derjenige eines «statistischen Zwillings» in der Privatwirtschaft.

Interessanterweise sind Frauen hierbei für einmal im Vorteil. Denn für Frauen beträgt die durchschnittliche Lohnprämie gemäss SAKE in der Bundesverwaltung 14,4 Prozent, während sie bei Männern «nur» 11,0 Prozent ausmacht. Für Kantons- und Gemeindeverwaltungen fallen die Geschlechterunterschiede geringer aus.

Im internationalen Vergleich zeigt sich, dass dieses Phänomen nicht unüblich ist. «In den meisten entwickelten Ländern existieren Verwaltungslohnprämien, und sie sind für tiefe Einkommen am höchsten und für Frauen grösser als für Männer», analysiert Schaltegger.

Warum ist das brisant?

Die Studienresultate bestätigen also den Verdacht, dass die öffentliche Verwaltung besonders gute Löhne zahlt. Was ja nicht grundsätzlich schlecht ist. Doch: Der Spardruck beim Bund schafft auch einen Rechtfertigungsdruck für dessen Ausgaben – und rund 10 Prozent davon sind Ausgaben für das Bundespersonal.

Vor allem aber sorgen die hohen Verwaltungslöhne für eine Verzerrung im Wettbewerb um Arbeitskräfte. «Private Arbeitgeber sehen sich auf der Suche nach jungen Arbeitskräften gezwungen, die Löhne über die Marktlöhne anzuheben oder ihren Bedarf durch Fachkräfte aus dem Ausland zu decken», sagt Schaltegger.

Doch auch die Gemeinden und Kantone können in Sachen Lohn gegenüber dem Bund nicht mithalten. Das führt Schaltegger zur rhetorischen Frage, ob diese Attraktivität des Zentralstaates für Fachkräfte «einem funktionierenden Föderalismus zuträglich» sei.

Für Schaltegger zeigt die neue Studie klar Handlungsbedarf beim Bund: «Lohnzurückhaltung ist durchaus angebracht.»


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