Es ist Ihre erste Saison als Papi. Wie gut passt die Vaterrolle in Ihre Karriere?
Jan Scherrer: Es ist sehr speziell. Und schwierig, einen Vergleich zu den vorherigen Saisons zu ziehen. Ich habe vor der Saison gezweifelt, ob ich als Vater weiter auf diesem Niveau swnoboarden kann. Im Alltag hat sich viel verändert, jetzt ist alles mit einer riesigen Planung verbunden. Mit der Unterstützung meiner Frau versuchen wir, alles möglich zu machen, ohne sie wäre das überhaupt nicht möglich. Auch die Unterstützung meiner Eltern ist extrem wichtig. Wenn ich länger weg bin, ist die Kleine auch bei meinen Eltern, damit auch meine Frau mal eine kleine Pause bekommt. Spitzensport in Kombination mit dem Elternsein ist wirklich nur möglich, wenn das ganze Umfeld mitspielt und sich gewisse Leute zurücknehmen. In meinem Fall funktioniert das aber sehr gut.
Dann war ein Rücktritt kein Thema, weil es so nicht funktioniert und der Druck auf Ihrer Frau liegt?
Auch wenn die Saison schlecht losgegangen wäre, hätte ich nicht direkt entschieden, dass es so nicht funktioniert. Ich habe mir gesagt, dass ich die ganze Saison als speziell anschaue, ich mich in dieser Rolle erst zurechtfinden muss. Es ging so gut los, die Motivation ist riesig, daher sieht momentan alles danach aus, dass ich noch ein Weilchen dabei bin.
Haben Sie Ihr Studium mittlerweile abgeschlossen?
Gerade am Montag habe ich die Bachelor-Arbeit eingeschickt. Weil ich zuvor noch eine kleinere Arbeit verschieben musste, ist es das einzige, was noch fehlt. Bald bin ich also fertig.
Was kommt danach?
Ich plane zurzeit nicht, weiterzustudieren – oder zumindest nicht sofort. Mein Plan ist, beim Sport zu bleiben und mir in den nächsten Jahren Gedanken zu machen, wie es weitergeht. Das ist logischerweise nicht einfach, weil wir als Athleten von der realen Geschäftswelt relativ weit weg sind.
Zurück zu Ihrer Tochter: Wird sie auch Profisportlerin?
(lacht) Ich will ihr alle Möglichkeiten offen lassen. Sie wird sicher mal auf dem Snowboard stehen. Sollte ihr das gefallen, hätte sie mit mir sicher die beste Ausgangslage. Ich hätte natürlich Freude, wenn sie sich für irgendeine Sportart begeistern würde. Dabei würde ich sie natürlich unterstützen.
Sie kennen das Leben als Profi. Würden Sie ihr das wünschen?
Definitiv. Es hat mich zu dem gemacht, was ich jetzt bin. Es ist eine intensive Lebensschule und man muss sich stark mit sich selbst auseinandersetzen, damit man präzise seine eigenen Grenzen und Fähigkeiten kennt. Auch wenn man nicht weiss, wo die Reise hingeht, man hat auf jeden Fall viel über sich selbst gelernt.
Sie haben sich nie ein «normales» Leben gewünscht?
Nicht bewusst. Es gibt Situationen, in denen es so viel einfacher wäre, einen Job zu haben, der mir nicht so sehr am Herzen liegt. Wenns im Schnee nicht so gut läuft, schlägt das auf meine Stimmung, meine Frau kann ein Lied davon singen. Es ist eine Leidenschaft und ein Beruf. Das ist sehr intensiv und manchmal schwierig zu verarbeiten.
Jan Scherrer ist 28 Jahre alt, seit 2021 ist er verheiratet, 2022 wurde er Vater einer Tochter. In seiner Karriere gewann der Toggenburger Medaillen an allen namhaften Events. Im vergangenen Jahr krönte er seine Karriere mit dem Gewinn einer olympischen Bronze-Medaille. In den Jahren zuvor gabs Bronze bei den X-Games und bei der WM. Zudem gewann Scherrer schon einen Weltcup. Beim Saisonauftakt 22/23 in Copper Mountain gabs den zweiten Platz.
Jan Scherrer ist 28 Jahre alt, seit 2021 ist er verheiratet, 2022 wurde er Vater einer Tochter. In seiner Karriere gewann der Toggenburger Medaillen an allen namhaften Events. Im vergangenen Jahr krönte er seine Karriere mit dem Gewinn einer olympischen Bronze-Medaille. In den Jahren zuvor gabs Bronze bei den X-Games und bei der WM. Zudem gewann Scherrer schon einen Weltcup. Beim Saisonauftakt 22/23 in Copper Mountain gabs den zweiten Platz.
Im Team gelten Sie als Normalo. Wären Sie gerne mehr Paradiesvogel, wie jetzt Pat Burgener oder damals Iouri Podladtchikov?
(lacht) Auf keinen Fall. Lebt man nicht mit dieser Person, schaut von aussen alles lustig und abenteuerlich aus. Schlussendlich hat es aber immer einen Grund, warum Leute sind, wie sie sind, warum sie vielleicht manchmal mehr die Öffentlichkeit suchen. Ich selbst habe mein Leben gefunden. Ich bekomme mehr als genug Liebe von meiner Frau und meinem Kind. Daneben habe ich ein gut funktionierendes Umfeld. Die anderen wirken von aussen sicher interessanter, weil sie spezieller sind. Ich selbst möchte aber auf keinen Fall tauschen.
Mit dem speziellen Tattoo gingen Sie aber auch etwas in Richtung Paradiesvogel. Gibts schon neue Pläne?
Nein (lacht). Das sind genau auch so Sachen, die andere Leute überrascht haben, dass ich das jetzt habe und nicht sonst jemand. Irgendwo bin ich also auch ein wenig crazy, sonst würde ich mich mit 28 nicht immer noch jeden Tag die Pipe hinunterwerfen. Mein Humor war immer der gleiche. Für mich war das Tattoo eigentlich etwas ganz Normales. Ich habe aber mit meiner Frau vereinbart, dass sie eins stechen lassen muss, wenn ich in drei Jahren nochmals eine Olympia-Medaille hole.
Wie sehen Sie Ihre Rolle im Team? Sind Sie auch dort auch Papi?
Jede Person im Team hat eine spezielle Rolle, es gibt irgendwie nur spezielle Rollen. Wir sind ein kleines Team, die ganze Zeit zusammen unterwegs. Müsste ich meine Rolle definieren, würde die Vaterrolle aber definitiv passen. Ich kann vielen einiges mitgeben.