Auf einen Blick
- Ehemalige Teamkollegen teilen Anekdoten über Simon Ammanns Skisprung-Karriere
- Der vierfache Olympiasieger steht vor seiner 13. WM-Teilnahme
- In seiner Karriere kam er schon mit der Polizei in Berührung.
Marco Steinauer: «Simi stieg aus dem Polizeiauto»
«2003 muss das wohl gewesen sein. Wir waren damals im französischen Courchevel im Trainingslager. Auf dem Nachhauseweg fuhr Simi den Bus. Der Tank wurde immer leerer. Doch Simon hörte nicht auf uns und dachte, es reiche noch. Er fuhr und fuhr und fuhr – bis ein ‹Stützli› kam. Prompt blieben wir ohne Benzin stehen.
Was nun? Trainer Berni Schödler war hinter uns gefahren und hielt bei uns an. Zusammen mit Simi und Marc Vogel fuhren sie zur nächsten Tankstelle. Als wir auf sie warteten, raste ein Polizeiauto mit Blaulicht auf uns zu. Wir dachten schon, es gebe mächtig Ärger. Doch das Fahrzeug rauschte an uns vorbei. Wenige Minuten später kam es auf der anderen Strassenseite wieder auf uns zu. Es hielt an – und Simi und Marc stiegen lächelnd aus dem Polizeiauto, mit einem Käntli Diesel in der Hand!
Wir mussten zum Glück keine Busse bezahlen, gaben den Polizisten ein paar Autogrammkarten, und alles war gut. So kamen wir doch noch zu Hause an – wenn auch leicht verspätet.»
Guido Landert: «Er landete voll auf dem Kopf»
«Denke ich an Simon, kommt mir als Erstes in den Sinn, dass er der geborene Skispringer ist. Als ich neu zum Team kam, sagte er mir: ‹Skispringen ist meine Berufung.› Ich dachte damals, das kann ja gar nicht sein. Niemand wird als Skispringer geboren. Doch er hatte recht – Skispringen ist sein Leben. Alles, was er macht, ist durchdacht. Er ist der professionellste Sportler, den ich je gesehen habe.
Simon hätte keine andere Sportart ausüben können. Viele Athleten sind ja polysportiv, Simon aber nicht. Ich kann mich noch an eine Trainingseinheit erinnern. Im Bodenturnen mussten wir von einem Sprungbrett abspringen und einen Salto machen. Für Skispringer eigentlich eine einfache Übung. Doch Simi sprang möglichst hoch, schaffte nur einen halben Salto und landete voll auf dem Kopf. Ich war damals neu im Team und dachte: Und das soll der hochbegabte Skispringer sein?»
Gregor Deschwanden: «Mag er mich nicht?»
«Ich kam mich noch gut an unser erstes Treffen erinnern. Das muss etwa 2004 gewesen sein. Damals wurden alle Skispringer von Swiss Ski plus ein paar Nachwuchstalente an einen Förderkurs eingeladen. Ich war 13 und Simon mein Idol. Bei diesem Treffen wirkte er sehr zurückgezogen und bedacht. Ich fragte mich sogar: Mag er mich nicht? Das war natürlich Quatsch. Mittlerweile reden wir sehr viel, über Gott und die Welt, aber auch über die Technik. Simon ist sehr hilfsbereit.»
Andreas Küttel: «Halb illegal nach Tschechien eingereist»
«Es gäbe viele Anekdoten zu erzählen. Spontan fällt mir eine aus dem Jahr 2004 ein. Nach dem letzten Springen der Vierschanzentournee in Bischofshofen landeten wir abends in einem Hotelzimmer, zusammen mit Springern aus Norwegen und Finnland. Irgendwann machte auch eine Wodka-Flasche die Runde. Am nächsten Morgen ging es von Österreich direkt weiter zum Springen ins tschechische Liberec.
Als wir am Zoll ankamen, merkte Simon, dass er den Pass zu Hause hatte liegenlassen. Was nun? Sollte er zurück in die Schweiz fahren? Oder zum Konsulat nach Wien? Wir sassen bestimmt fünf, sechs Stunden an der Grenze fest. Dann endlich die Lösung. Das OK in Liberec liess seine Beziehungen zu Politikern spielen. So durfte Simon dann schliesslich doch noch halb illegal nach Tschechien einreisen.
Killian Peier: «Ein toller Teamplayer»
«Ich erinnere mich gerne an meine erste Weltmeisterschaft 2013 mit Simon. Eine solche Legende im Team zu haben, war etwas ganz spezielles. Ich konnte viel von ihm lernen. Besonders toll fand ich seine Reaktion nach meiner Bronzemedaille bei der Weltmeisterschaft 2019. Er hat sich riesig gefreut. Das zeigt, was für ein toller Teamplayer er ist.»
Rico Parpan: «Dank ihm kamen wir in die Disco»
«Spontan fallen mir zwei Anekdoten ein. Die Erste ist aus dem Jahr 2002. Ich war damals schon zurückgetreten, sprang aber an der SM noch mit. Simon war wenige Wochen zuvor in Salt Lake City Doppel-Olympiasieger geworden. Nach der SM hängten wir in Chamonix ein Ski-Weekend an. Ich brach mir das Bein und musste ins Spital. Abends wollten wir trotzdem in eine Disco, doch die Türsteher wollten uns nicht reinlassen. Simi ging daraufhin zum Türsteher und sagte: ‹Kennst du mich nicht? Ich wurde eben erst Doppel-Olympiasieger!› Und schon durften wir rein, und ich tanzte mit Krücken.
Die zweite Anekdote: Im Sommer 2010 heiratete Andreas Küttel in Polen seine Frau. Abends beim Fest kam Simi auf mich zu und sagte: Jetzt müssen wir die Braut entführen. Dieser Brauch war in Polen aber nicht bekannt. Simon holte das Auto, und ich lockte die Braut nach draussen. Wir fuhren dann mit ihr in die Stadtmitte und gingen etwas trinken. Offenbar bekam Andreas Panik. Unser Coach Berni Schödler schrieb daher, wir sollten so schnell als möglich zurückkommen. Dumm nur, dass unser Auto mittlerweile zugeparkt war. Was machte Simon? Er wuchtete das Auto über den Randstein. Als wir ins Hotel zurückkamen, war Andreas zuerst sauer, dann aber war er froh, dass er seine Braut wieder in seine Arme schliessen konnte.»
Marc Vogel: «Zwei Knoblauchzehen gleich zwei Medaillen»
«Sommer 2001. Für die Olympia-Vorbereitung reisten wir nach Park City. Abends wurden wir Schweizer Skispringer nach dem Training zu einem Bekannten eingeladen. Es gab Truthahn. Danach packte der Bekannte eine verschmierte Dose aus, in der Knoblauchzehen eingelegt waren.
Er sagte: ‹Wer das probiert, gewinnt bei Olympia eine Medaille.› Was machte Simi? Er ass zwei Knoblauchzehen – und holte sich ein halbes Jahr später zwei Goldmedaillen! Auch Andreas Küttel griff einmal zu – und gewann ein olympisches Diplom. Ich hingegen ass keine Zehe – und ging dementsprechend leer aus.»
Rémi Français: «Direkt vom Bett an die Schanze»
«Diese Episode zeigt, wie unglaublich Simon Ammann ist. 2010, einen Monat vor Olympia, Weltcupspringen in Japan. Während die anderen Springer Tage vorher anreisten, um sich an den Jetlag zu gewöhnen, kam Simon auf den letzten Drücker. 20 Minuten vor Quali-Beginn kam er direkt vom Flughafen an der Schanze an. Tags darauf schlief er bis um 13 Uhr, zwei Stunden später wurde er beim Wettkampf Vierter und einen Tag später siegte er sogar. Unglaublich, wie Simon Vollgas geben konnte.»