Auf einen Blick
- Skispringer Simon Ammann kämpft um einen Weltcup-Startplatz
- Junge Talente wie Felix Trunz machen immer wie mehr Druck auf den Olympiasieger
- Ammann verpasste den ersten Trainingsblock im Frühling wegen Uni-Prüfungen
Die Trainer verpassten Skispringer Simon Ammann (43) Anfang August einen Denkzettel. Der vierfache Olympiasieger musste im drittklassigen Fis Cup starten. Seine Trainingssprünge waren zu schlecht. Im Wettkampf folgte die nächste Enttäuschung. Ammann klassierte sich ausserhalb der Top 20. Kritiker sahen sich in ihrer Meinung bestätigt, dass er längst hätte zurücktreten müssen.
Zwei Monate sind seither vergangen. Ammann zeigt sich verbessert, sprang an den Schweizer Meisterschaften auf Rang 4. «Ich bin mit der Entwicklung meiner Leistung zufrieden», sagt der HSG-Student. Einen ersten Trainingsblock im Frühling verpasste er aufgrund der Uni-Prüfungen.
Der Wechsel der Skimarke kam erschwerend hinzu – von Fischer zu Slatnar. Die Umstellung braucht Zeit. Doch genau diese fehlt Ammann, denn von unten drängen mehrere Talente nach oben. Einer davon ist Felix Trunz (18). Während Ammann seine 28. Weltcup-Saison in Angriff nimmt, bringt es Trunz auf drei Weltcup-Einsätze.
Skisprung-Gen liegt in der Familie
Welch grosses Potenzial im KV-Lehrling steckt, zeigte er in den letzten Wochen. Beim Sommer-Grand-Prix im rumänischen Rasnov sprang Trunz mitten in die Weltspitze – Rang 5. Auch sonst wusste der 1,89-Meter-Mann zu überzeugen. «Mit seiner Grösse besitzt er tolle Voraussetzungen fürs Skispringen», erklärt der Schweizer Trainer Martin Künzle.
Die guten Leistungen führt er auch darauf zurück, dass Trunz nun ausgewachsen ist. «Sein Körper hat sich stabilisiert, die Koordination ist besser.» Zudem habe er weiter an seiner Technik gearbeitet. Trunz selbst wählt noch einen etwas anderen Erklärungsansatz. «Endlich kann ich meine guten Trainingssprünge auch im Wettkampf zeigen.»
Früher habe ihn sein Kopf daran gehindert. «Ich machte mir im Vorfeld zu viele Gedanken. Das hat Energie gekostet, die mir im Wettkampf fehlte.» Das Skisprung-Gen erbte Felix von seinem Vater Martin Trunz. Dieser war einst selbst im Weltcup aktiv. Nun will Felix wie sein Vater regelmässig in der erweiterten Weltspitze mitspringen.
Olympiasieger spürt Konkurrenz im Nacken
Trunz dürfte einen der vier Schweizer Startplätze für das erste Weltcupspringen Ende November erhalten. Zwei Tickets sind bereits vergeben. Teamleader Gregor Deschwanden (33) sprang in der letzten Saison aufs Weltcup-Podest. Im Sommer zementierte er seinen Status als Nummer 1, auch wenn ihn Kilian Peier (29) an der Schweizer Meisterschaft überflügelte. Peier ist ebenfalls gesetzt. Und Ammann?
Der Weltmeister kämpft um den vierten und letzten Startplatz. «Ich spüre die Konkurrenz durch die Jungen. Einerseits ist es nun schwieriger, sich durchzusetzen, aber andererseits haben wir einen guten Drive in der ganzen Gruppe, das motiviert», so Ammann. Der Toggenburger wurde zuletzt für die Sommer Grand Prix selektioniert, was beweist, dass er aktuell die Nase vorne hat. Das sieht auch Künzle so: «Zurzeit gehört Simon zu den besten vier.»
Ammann hat ein Problem gelöst
Dahinter lauert zum Beispiel Juri Kesseli (19), der an den Schweizer Meisterschaften vor Ammann Bronze gewann. Zuletzt landete er am Fis Cup in Einsiedeln zweimal ausserhalb der Top 10. Während Kesseli hadert, gewinnt Ammann an Selbstvertrauen. Die Probleme mit der Anlaufposition hat er gelöst.
Zurzeit beschäftigt er sich intensiv mit dem Flug. Dabei hilft ihm der Skiwechsel. «Das Feedback vom Ski in der ersten Flugphase ist bereits deutlich besser. Allerdings haben sich in der Vergangenheit Fehler eingeschlichen, die durch falsche Feedbacks entstanden sind. Diese nun wieder auszumerzen, und frei sowie instinktiv fliegen zu können, wird noch etwas dauern.»
Wechsel im Weltcup-Team jederzeit möglich
Wie lange Ammann die Jungen noch in Schach halten kann, wird sich zeigen. Letztmals im Weltcup in die Top 10 sprang Ammann im Januar 2021. Klar ist, sein fortgeschrittenes Alter hilft ihm im Kampf um die Startplätze nicht. «Springt ein junger Athlet gleich gut wie Simon, fällt die Wahl eher zugunsten des Nachwuchses aus», sagt Künzle und ergänzt: «Simon muss die Chance haben, in einen zweiten Durchgang zu springen. Um Erfahrung zu sammeln, nehmen wir einen Athleten in seinem Alter nicht mehr mit.»
Die Selektion für die ersten Weltcupspringen dürfte in den nächsten Wochen bekannt gegeben werden. Während der Saison sind Wechsel im Weltcup-Team jederzeit möglich. «Bringt jemand seine Leistung nicht, wird er ersetzt.» Dieses Schicksal kann auch Ammann treffen.
Obwohl die Jungen eine Konkurrenz für ihn darstellen, steht er ihnen mit Tipps zu Seite. «Simon sieht dank seiner Erfahrung Dinge, die mir gar nicht auffallen», erklärt Trunz. Als Kind schaute er sich die Sprünge des vierfachen Olympiasiegers im TV an. Ammann bezeichnet er als sein «Idol». Gleich geht es manch anderem jungem Skispringer im Team. Nun wollen sie aus dem Schatten ihres Vorbilds treten.