Grübeln, tüfteln, hadern. Die Monate November und Dezember hat Gregor Deschwanden hauptsächlich damit verbracht, regelmässig unzulängliche Sprünge zu analysieren – und sich sportlich und mental noch einmal neu aufzustellen. Zurück auf null.
Jetzt? Greift Deschwanden bei Station 3 der Vierschanzentournee, in Innsbruck, plötzlich mit völlig neuem Selbstvertrauen an. Was ist passiert?
Pech-Ausrede soll nicht gelten
Eigentlich war Deschwanden mit Vorschusslorbeeren in die Saison gestartet. Bei Swiss-Ski traute man ihm nach guten Sommer-Grand-Prix-Auftritten – etwa mit einem zweiten Platz in Courchevel – sehr viel zu. Er selbst sprach vom «besten Sommer meiner Karriere». Doch dann folgten zum Weltcupstart die Nuller in Wisla und Ruka, in Titisee-Neustadt sprang er einmal auf Rang 28, in Engelberg einmal auf Platz 25. Daneben gabs nichts zu holen. Verrückt. Und enttäuschend.
Auch der Tournee-Auftakt in Oberstdorf misslang mit dem 37. Rang – auch, weil die Bedingungen bei seinem Sprung nicht mitspielten.
Doch die Pech-Ausrede will Deschwanden für Oberstdorf nicht gelten lassen. Natürlich hat er auch jene Performance genau unter die Lupe genommen: «Ich musste im Nachhinein zugeben, dass ich den technisch falschen Sprung für diesen Wind ausgepackt habe.»
«Zurück zu den Basics»
Deschwanden bevorzugt Selbstkritik. Lieber eine ehrliche Analyse – statt frustriert dem Wetter die Schuld zuzuschieben. Diese Einstellung hat ihn im Verlauf der letzten Wochen auch den Reset-Knopf drücken lassen. «Zurück zu den Basics», sagt er.
Dachte er nach dem guten Sommer noch, er müsse «aggressiver rausspringen», ist seine momentane Erkenntnis nun: «Wenn ich es passiver angehe, nehme ich mehr Höhe mit. Das ist paradox, aber so verhält es sich aktuell bei mir.»
In Garmisch hat es ihm so zuletzt für Rang 21 gereicht. Deschwanden wirkt gelöster, lockerer – und stabiler im Sprung. Jetzt hofft er auf den Ketchup-Effekt: «Natürlich! Es geht manchmal schneller aufwärts, als man denkt.» Allerdings: In Innsbruck wartet im K.-o-Duell der Deutsche Markus Eisenbichler, der an diesem Ort 2019 Weltmeister wurde. Eine echte Bewährungsprobe für die neue Deschwanden-Version.