Im lauten Jubelschrei bei der Ziellinien-Überquerung steckt nicht nur die pure Freude, sondern auch eine grosse Portion Erleichterung. Mit dem Weltcupsieg in Beitostölen erbringt Nadine Fähndrich den Beweis, auch im klassischen Bereich einen grossen Schritt vorwärtsgemacht zu haben. Ihr grosser Sommer-Aufwand macht sich bezahlt: Den Sprint im Zentrum Norwegens dominiert die 27-jährige Luzernerin ab dem Prolog. Im Final lässt sie der zweitplatzierten Norwegerin Lotta Udnes Weng (+0,93 Sekunden) und der Finnin Johanna Matintalo (+1,42) keine Chance, weil sie am Schluss noch einmal den Turbo zündet.
Nach dem Cologna-Rücktritt liegt der Schweizer Fokus und Druck vor allem auf den Schultern von Fähndrich. Jetzt hat die Olympia-Fünfte ein erstes Mal so richtig abgeliefert. Nach der im Frühjahr zurückgetretenen Laurien van der Graaff ist sie erst die zweite Schweizerin, die mehr als einen Weltcupsieg einheimst.
Ihr erster Einzel-Triumph geht ins Jahr 2020 zurück, als sie in Dresden gewann. Damals aber eben noch im Skating-Stil. «Umso schöner, dass es jetzt auch im Klassik-Sprint geklappt hat», meint Fähndrich nach dem Rennen gegenüber SRF, bevor direkt der nächste Sprint wartet – nämlich jener auf den Flieger. Denn die nächsten Wettkämpfe in Beitostölen am Samstag und Sonntag (10 km klassisch und die Mixed-Staffel) lässt sie aus.
Mit der Wut im Bauch erfolgreich
Kurz vor Abflug gibt sie dann noch zu, dass nach dem verpassten Sprint-Final von Lillehammer auch ein wenig «die Wut» mit am Start war. Ihr simpler, aber treffender Schluss: «Da hatte ich Fehler gemacht, die ich diesmal vermieden habe.»
Mit im Reisegepäck hat Fähndrich das Wissen, dass ihr zweiter Einzel-Weltcupsieg gleich doppelt wertvoll sein kann: Einerseits geht sie nächstes Wochenende voller Selbstvertrauen an den Heimweltcup nach Davos, also an jenen Ort, an dem sie letztes Jahr auf Platz zwei lief. Und andererseits hat sie in Norwegen definitiv den Ruf, eine reine Skating-Spezialistin zu sein, abgeschüttelt.
Jetzt ist sie auch klassisch Klasse – was ihr insbesondere im Hinblick auf die WM Ende Februar in Planica (Slo) Mut machen darf. Dort wartet gleich zum Auftakt auch ein Klassik-Sprint. Und dazu hat sie schon vor der Saison gesagt: «In Planica will ich in Top-Form sein – und um eine Medaille kämpfen.»