Die Russen schäumen vor Wut. «Norweger sind unehrlich, sie sind Lügner und Heuchler», tobt etwa TV-Kommentator Dmitry Guberniev gemäss dem Langlauf-Portal «xc-ski.de». Grund für diese heftige Attacke sind Doping-Enthüllungen rund um die norwegische Langlauf-Legende Marit Björgen.
In ihrer Biografie offenbart die 41-Jährige, dass sie 2017 nach der WM in Lahti beinahe wegen Dopings gesperrt worden wäre. Ihr damaliger Team-Arzt Petter Olberg schockte sie wenige Wochen nach der WM am Telefon, als er ihr offenbarte, dass das Dopinglabor in Lahti nach dem 30er eine Unauffälligkeit in der Urinprobe festgestellt hatte. «Sobald ich das gehört hatte, hatte ich sofort einen Knoten im Bauch und ich war wie gelähmt», so Björgen.
In der Urinprobe waren Spuren des anabolen Steroids 19-Norandrosteron (Nandrolon) gefunden worden. Doch warum wurde der Fall bis heute nie bekannt?
Björgen begründete Spuren mit Medikament
Björgen verteidigte sich mit der Einnahme des Medikaments Primolut-N. Dieses werde von vielen Leistungssportlerinnen genutzt, um ihren Menstruationszyklus nach hinten zu verschieben. Und der darin enthaltene Wirkstoff Norethisteron werde im Körper zu 19-Norandrosteron abgebaut.
Björgen habe genau erklären müssen, wann, wie lange und wie oft sie die Tabletten genommen habe. Offenbar war ihr das glaubhaft genug gelungen. Sie sei zwar «zwei Wochen durch die Hölle gegangen», doch dann konnte sie endlich aufatmen und war vom Haken.
«Wäre bei einer Russin nicht unter den Tisch gekehrt worden!»
Unverständlich für die Russen, die seit Jahren immer wieder als Doping-Sündenböcke hinhalten müssen. Ski-Verbandschefin Jelena Välbe zeigt sich «geschockt von dieser Nachricht». Sie halte zwar Björgen, eine achtfache Olympiasiegerin und 18-fache Weltmeisterin, nach wie vor für eine tolle Athletin. «Aber ich habe ernsthafte Fragen an die Leute, die entscheiden, was Doping ist und welche Strafen es dafür gibt.»
Was den Langläufer Gleb Retiwych beunruhigt ist, dass ohne ihren eigenen Schritt an die Öffentlichkeit nie etwas bekannt geworden wäre. Olympia-Silbergewinner Panschinski (2010 in Vancouver) ist sich sicher: «Wenn sie eine Russin wäre, wäre es nicht unter den Tisch gekehrt worden!» (sme)