Auf einen Blick
- Sophie Hediger, Snowboardcrosserin, starb bei Lawinenunglück in Arosa
- Blick-Reporter Nicolas Abt telefonierte mit ihr – drei Tage vor ihrem Tod
- Sie sprach über neue Sponsoren und ihre Ziele
Ich stehe neben der Skisprungschanze in Engelberg OW, als Sophie Hediger (†26) das Telefon abnimmt. «Hallo Nicola, schön rufst du an», sagt eine sympathische Stimme. Ich hatte mich via Whatsapp angekündigt. Sie sitze im Zug nach Arosa GR und habe gerade Zeit, so die Snowboardcrosserin.
Es war Freitagnachmittag, kurz nach 16 Uhr. Drei Tage später stirbt Hediger bei einem Lawinenunglück in Arosa. Die Nachricht macht mich sprachlos. Ich lese sie zweimal, dreimal, viermal und kann es noch immer nicht glauben. Meine Gedanken sind bei ihrer Familie und ihrem Freund und Hockey-Spieler Dario Wüthrich. Ich habe ihn kürzlich nach einem Hockeyspiel von Ambri in Zürich getroffen.
Wir haben uns auch über Sophie unterhalten. Er freute sich, dass sie endlich einen neuen Sponsor gefunden hat. Nun muss er ohne sie weiterleben. Mir kommen die Tränen. Dann erinnere ich mich an das tolle Gespräch mit Sophie zurück. Ich wollte mit ihr über eine mögliche Story im Vorfeld der Heim-WM Ende März in St. Moritz GR sprechen.
Noch bevor ich die erste Frage stellen konnte, wollte sie wissen, was da bei mir los sei. «Bist du bereits im Ausgang?», meinte sie lachend. Ich musste schmunzeln und lieferte eine Erklärung für die laute Musik. Es lief gerade der zweite Trainingsdurchgang der Skispringer.
Am Wochenende würden auf der Schanze in Engelberg zwei Weltcup-Springen stattfinden. «Oh, soll ich später anrufen, wenn du wieder in der Wärme bist?», fragte sie. Ich lehnte dankend ab. Schliesslich wollte ich jetzt endlich mehr erfahren über eine Person, die ich bis dahin nur ein paar Mal von weitem gesehen hatte. Letzte Saison war Hediger zweimal aufs Weltcup-Podest gefahren.
Ein Tag auf dem Board ist ein guter Tag
Sie erzählte mir von ihrer Kindheit in Horgen ZH und wie sie bereits früh ihre Leidenschaft für das Snowboardfahren entdeckt hatte. Auch per Telefon merkte ich, wie sie für ihre Leidenschaft brannte. «Jeder Tag, an dem ich auf dem Board stehen kann, ist ein guter Tag.»
Als ich ihr zum neuen Sponsor gratulierte, erzählte mir Hediger vom mühsamen Kampf um neue Geldgeber. «Als Randsportart sind wir kaum in den Medien präsent und deshalb nicht wirklich attraktiv. Ohne Vitamin B ist es fast unmöglich, an einen neuen Sponsor zu kommen.» Dann war es plötzlich still.
Hediger hatte mich zu Beginn des Gespräches davor gewarnt. «Vielleicht hörst du mich teilweise nicht mehr. Das Netz hier oben ist nicht das Beste.» Zweiter Anlauf. «Es tut mir megaleid.»
Sie betonte, wie wichtig in ihrem Leben die Unterstützung ihrer Eltern gewesen ist. Bevor ich etwas dazu sagen konnte, brach die Verbindung erneut ab.
Strecke an der Heim-WM wäre ihr gelegen
Dritter Anlauf. Hediger entschuldigte sich. Wir mussten lachen und sprachen über die Zukunft. Die Chancen auf eine Medaille an der Heim-WM wären gut gewesen. «Die Strecke liegt mir.» Letzte Saison war sie in St. Moritz aufs Podest gefahren. Und was ist mit den Olympischen Spielen 2026 in Italien? Hediger überlegte keine zwei Sekunden. «Dort will ich eine Medaille.»
Es ist der letzte Satz, den ich von ihr hörte – für immer. Die Verbindung brach erneut zusammen. Während ich diese Zeile schreibe, blicke ich immer wieder auf mein Handy. Eigentlich wollten wir über die Festtage noch einmal zusammen telefonieren.
Leider werde ich mein Leben lang vergeblich auf deinen Anruf warten. Es hätte mich gefreut, mich noch einmal mit dir über deine grösste Leidenschaft zu unterhalten. Ruhe in Frieden, Sophie.