Die sagenumwobene Bayern-Kurve – sie ist auch 58 Jahre nach der offiziellen Schliessung der Olympia-Bobbahn Riessersee noch immer beeindruckend. Dank freiwilligen Helfern kann man die gesamte Anlage bei Garmisch-Partenkirchen mittlerweile wieder zu Fuss ablaufen. Wer bis zur längst überwucherten Bayern-Kurve hochspaziert, der entdeckt dort bei der einstigen Schlüsselstelle eine Gedenktafel, denn gleich vier Bobfahrer fuhren auf der damals gefürchteten Bahn in den Tod, darunter 1953 auch der Schweizer Felix Endrich.
Während Bob-Anschieber Sandro Michel am Dienstag im deutschen Altenberg trotz seiner schweren Verletzungen wohl noch Glück im Unglück hatte und mit dem Leben davonkam, war dies vor 71 Jahren Felix Endrich in seinem Viererbob nicht vergönnt.
Besonders tragisch: Endrichs Ehefrau Edith (das Paar hatte erst wenige Wochen zuvor geheiratet) soll damals ausgerechnet in der Bayern-Kurve an der Bahn gestanden, den Unfall gesehen und anschliessend einen Nervenzusammenbruch gehabt haben.
Der Bob zerschellte an einem Baum
Was an jenem Samstag, 31. Januar 1953, während der Bob-WM in der Bayern-Kurve genau passiert ist, lässt sich in der NZZ von damals nachlesen: «Für einen Augenblick schien Endrich den Überblick verloren zu haben, denn der Schlitten schoss bereits im ersten Drittel der eigentlichen Bayern-Kurve nach oben und wurde aus der Bahn getragen. Der Bob streifte mehrere Flaggenmasten und zerschellte schliesslich in zwölf Meter Entfernung an einem Baum. Der Arzt stellte bei Endrich einen schweren Schädelbasisbruch und einen Bruch des Halswirbels fest, die nach kurzer Zeit zum Tod geführt haben müssen.»
Auch die anderen Insassen des Viererbobs verletzten sich: «Die Mitfahrer Albert Gartmann und René Heiland erlitten Brüche, Verstauchungen und Prellungen, während der an der Bremse sitzende Stöckli vom Bob geschleudert wurde, in hohem Bogen auf dem Zeltblachenverdeck eines Jeeps landete und mit einem Nervenschock und einigen Prellungen davonkam.»
Endrich wurde Weltmeister und Olympiasieger
Am gleichen Tag erschienen in der NZZ auch zwei Todesanzeigen. Die Familie schrieb: «Tief erschüttert teilen wir mit, dass Felix Endrich durch Gottes unerforschlichen Ratschluss im Alter von 32 Jahren uns jäh entrissen worden ist.» Und der Bobclub Engelberg verkündete: «Tief erschüttert geben wir allen unsern Sportfreunden Kenntnis vom tragischen Hinschied unseres allseitig geschätzten und geliebten Freundes und Mitglieds Felix Endrich.»
Warum Endrich an jenem kalten Januar-Tag in der Bayern-Kurve die Orientierung verloren hatte, bleibt bis heute ein grosses Rätsel. Die Jury erklärte damals, es sei ihr «absolut unverständlich», wie dieser Unfall zustande kommen konnte.
Schreibmaschinen-Händler Felix Endrich zählte damals übrigens zu den besten Bobpiloten der Welt. 1948 gewann er in St. Moritz Olympia-Gold im Zweierbob. Und nur wenige Tage vor seinem tragischen Tod gewann er am Riessersee im Zweier noch seinen dritten WM-Titel.