«Es braucht immer diesen Ehrgeiz»
Biathlon-Pionierin Gasparin kritisiert die junge Generation

Letztes Wochenende macht Selina Gasparin Schluss. Die Olympia-Silbergewinnerin blickt auf eine in der Schweiz beispiellose Biathlon-Karriere zurück. Aber sie sieht bei der jungen Generation auch Verbesserungspotential.
Publiziert: 25.03.2022 um 14:44 Uhr
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Aktualisiert: 25.03.2022 um 14:46 Uhr
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«Danke Selina»: Das Schweizer Team mit Elisa Gasparin, Aita Gasparin, Lena Häcki und Trainerin Sandra Flunger (v.l.) verabschieden nach ihrem letzten Weltcupauftritt Selina Gasparin (u.).
Foto: Getty Images
Matthias Dubach

Sie wechselte 2004 vom Langlauf zum Biathlon, als diese Sportart in der Schweiz eigentlich noch gar nicht existierte. «Ich habe am Anfang zum Training die Schiessscheiben noch selber auf der Rossweide aufgestellt», sagt Selina Gasparin (37) am Samstag in Oslo nach ihrem letzten Weltcupauftritt.

Kurz vor dem Start hatte die Schweizer Biathlon-Pionierin ihren Rücktritt offiziell gemacht. Die älteste der Gasparin-Schwester war federführend bei der rasanten Entwicklung ihrer Sportart bei uns, sie nahm zwölfmal an einer WM und vier Mal an Winterspielen teil. Grosses Highlight: Olympia-Silber 2014 in Sotschi.

An einem virtuellen Pressetermin zieht sie noch direkt am Holmenkollen Bilanz. «Ich werde bald 38, ich habe ziemlich lange Biathlon gemacht. Nun ist es ein guter Moment, etwas Neues anzufangen. Ich freue mich extrem auf das neue Kapitel.»

«Wäre jetzt gerne ein Jahr Hausfrau»

Zwar sagt die Bündnerin, sie sei nach der Karriere nun müde, weil sie mit dem Gymi, dem Studium und der Arbeit als Grenzwächterin auch neben dem Sport immer ausgelastet gewesen sei. «Und dann kam das erste Kind, und dann das zweite», sagt sie schmunzelnd über Leila (7) und Kiana (3).

Aber Gasparin wäre nicht Gasparin, wenn sie sich nach dem Rücktritt eine Pause gönnen würde. Sie wird weiterhin beim Zoll arbeiten und im Biathlon tätig sein. «Die Gespräche für ein Mandat laufen», sagt sie. «Ich würde ja gerne ein Jahr Hausfrau sein. Aber dafür habe ich zu wenig Preisgeld verdient.»

Der unbändige Wille fehlt den Jungen manchmal

Aber die Pionierin blickt auch nachdenklich zurück. «Sicher hätte ich auch schon vor zwei Jahren aufhören können. Aber ein Stück weit hat mich das Team auch noch gebraucht.» Wie das Gasparin meint? Sie sei im Frauen-Team, das erst nach Sotschi entstand, immer die Teamleaderin gewesen.

«Ich probierte im Training immer zu zeigen, was es braucht, um an die Spitze zu kommen», kritisiert die Bündnerin die jüngere Generation, die nie auf der Rossweide schiessen musste, «es brauchte jemanden, der zieht. Es braucht immer diesen Ehrgeiz, auch im Sommer auf den Rollskis die Erste auf dem Berg sein zu wollen. Oder vor dem Hotel noch einen Sprint anziehen. Oder nicht einfach zehn Klimmzüge machen, sondern zehn mit zehn Kilos draufgepackt. Diese Einstellung fehlt mir teilweise noch.»

Aber da es künftig auch ohne sie eine konkurrenzfähige Schweizer Frauen-Staffel geben wird, sieht Gasparin ihre Aufgabe als erfüllt an: «Mir war wichtig, dass nach mir kein grosses Loch entsteht.»

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