Eine lästige Mücke im Schlafzimmer ärgert den Durchschnittsbürger mehr, als wenn Heuschreckenschwärme die ganze Ernte auf dem afrikanischen Kontinent vernichten. Und das Laub des Nachbarn im eigenen Garten bringt gewisse Menschen schneller auf die Palme als die Klimaerwärmung.
Wir leben auf einem Bierdeckel. Wichtig und bedeutsam ist, was auf diesem Bierdeckel passiert. Auch der Sport ist eine subjektive Nabelschau.
So feiern wir die 15 Medaillen von Peking, als hätten wir die Sportwelt erobert. Wer dieses Hochgefühl relativiert, ist ein Partykiller.
Lassen wir mal weg, dass immer mehr Disziplinen im Programm sind und die Medaillensätze mit dem Füllhorn ausgeschüttet werden. Selbst dann gibt es auch im Überschwang der Emotionen ernüchternde Fakten.
Fakt 1: Die Schweiz (8,6 Millionen Einwohner) hat 14 Medaillen gewonnen. Norwegen (5,3 Millionen Einwohner) hat 37 Medaillen.
Fakt 2: 29 Nationen haben bei diesen «Weltspielen» Medaillen gewonnen. Bei den Sommerspielen in Tokio waren es 94 Nationen.
Fakt 3: 13 der 14 Medaillen sind mit zwei Ski unter den Füssen gewonnen worden. Aber der alpine Skisport beschränkt sich nach wie vor auf die Länder Schweiz und Österreich. Angereichert mit einigen Skandinaviern, einigen Südtirolern, einigen Bayern und ein paar Versprengten. Global gesehen eine Randsportart. Es gibt mehr lizenzierte Tischtennisspieler, mehr Badmintonspieler, mehr Volleyballspieler, mehr Landhockeyspieler, mehr Basketballspieler, mehr Cricket-Spieler.
Fakt 4: Wenn, wie im Eishockey, die besten Spieler der Welt fehlen, dann wird Olympia zu einem besseren Grümpelturnier. Wenn, wie beispielsweise beim Rodeln, Deutschland praktisch sämtliche Medaillen im Spaziergang abholt, wird Olympia zur Farce.
Fakt 5: Die Propagandaspiele von Peking schaden dem Nimbus Olympia enorm. Es hilft wenig, wenn die Chinesen dem korrupten Juan Antonio Samaranch ein Museum für 50 Millionen bauen und auch IOC-Präsident Thomas Bach als Büste in einem chinesischen Park verewigt wird. Das Image des IOC ist auf historischem Tiefpunkt. Und wenn Bach bald mal abgelöst wird, dann steht der Nächste in den Startlöchern. Es ist Juan Antonio Samaranch junior …
Fertig mit der Partykillerei. Wir sind eine Skination und dürfen uns darüber freuen. Über den Rest hüllt man am besten den Mantel des Schweigens. Die Bobfahrer erinnern an Cool Runnings, die Skispringer an Eddie the Eagle.
Und trotzdem: Simon Ammann ist mit seiner Leidenschaft nach wie vor eine Inspiration. «Es kribbelt noch immer», sagt er.
Das ist gut so. Kein Mensch soll einem der charismatischsten und erfolgreichsten Schweizer Sportler den Rücktritt nahelegen. Wer etwas mit Leidenschaft tut, soll es tun, solange er Lust drauf hat.
Auch wenn es nur noch heisst: Hüpf, Simi, hüpf!