Übrigens – die SonntagsBlick-Kolumne
Wolf im Schafspelz

Auch Sportstars stürzen ab. So wie der einstige Wirtschaftsboss Pierin Vincenz. Die SonntagsBlick-Kolumne von Reporter Felix Bingesser.
Publiziert: 06.02.2022 um 15:25 Uhr
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Aktualisiert: 06.02.2022 um 15:31 Uhr
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Foto: Thomas Meier
Felix Bingesser

In Graubünden sind ja die Wölfe und die Schafe ein ganz heisses Thema. Da wird dann schnell einmal mit der Mistgabel gedroht. Es gibt auch ganz gewiefte Exemplare dieses ungeliebten Raubtiers. Wölfe, die sich als Schafe verkleiden und dann den roten Lämplein folgend auf die Pirsch gehen.

So wie beispielsweise Pierin Vincenz, der dem Bündner Wappentier ja grosse Ehre erweist, wie man der Spurensuche der Staatsanwaltschaft entnehmen kann. Dass er seiner Beute in demolierten Luxus-Suiten zu Leibe rückt, hat seine Tarnung auffliegen lassen. Der Schafspelz ist weg. Geblieben ist nur noch der Wolf.

Dieser Pierin Vincenz war auch in den Sportstadien des Landes ein willkommener Gast. Gesichtet worden ist er vor einigen Jahren auch in der Tiefgarage des St. Galler Kybunparks. Als er federnden Schrittes die VIP-Loge verlassen hat und mit Lederjacke und Sonnenbrille in die bereitstehende Luxus-Limousine gestiegen ist. Den roten Teppich legt ihm mittlerweile keiner mehr aus.

Die Fallhöhe gefallener Stars ist beträchtlich. In der Politik, in der Wirtschaft, im Sport. Schon Ikarus musste erkennen, dass man sich nahe der Sonne schnell mal die Flügel verbrennen kann. Und wer dann halt im medialen Lift in die oberste Etage gefahren ist, dem gehören die Schlagzeilen auch bei der Talfahrt.

Dann wird es plötzlich einsam. «Gute Freunde kann niemand trennen. Gute Freunde sind nie allein», hat Franz Beckenbauer einst gesungen. Seit der Bestechungsaffäre um das deutsche Sommermärchen ist Beckenbauer ziemlich allein. Wie einst auch der sexsüchtige Tiger Woods, wie der alkoholkranke Skispringer Matti Nykänen, wie der ständig abstürzende einstige Radheld Jan Ullrich. Oder wie Diego Maradona oder Paul Gascoigne. Die Liste liesse sich beliebig verlängern.

Plötzlich sind sie dann weg, die guten Freunde, die niemand trennen kann. Dann bleibt nach dem Höhenflug der Scherbenhaufen. Dann will sie niemand mehr in der VIP-Loge, dann sagen die, die sich im Dunstkreis der Stars gesuhlt haben, plötzlich: «Den habe ich nur ganz, ganz flüchtig gekannt.»

Im Fall von Pierin Vincenz, der für den Schweizer Fussball einiges geleistet hat, wird dies ähnlich sein. Zumindest Hausi Leutenegger ist ihm geblieben. «Er bleibt mein Freund», hat sich der Hansdampf und Bob-Olympiasieger von Sapporo zitieren lassen. Und verdient damit eigentlich nochmals Gold.

«Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!» heisst die dümmlichste Sendung im weltweiten TV-Zirkus. Vielleicht schreibt Vincenz hier sein eigenes Kapitel. «Ich bin ein Star, holt mich hier raus!», ruft er vielleicht bald mal zwischen den Gitterstäben hindurch. Vielleicht hat Hausi eine Eisensäge.

PS: Es gilt, wie immer, die Unschuldsvermutung.

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