«Mein Mami hatte am Anfang Mühe damit»
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Käslin über ihr Coming-Out:«Mein Mami hatte am Anfang Mühe damit»

Ex-Star-Turnerin erklärt ihre Sexualität
Ariella Kaeslin öffnet ihr Herz

Im April 2021 gab Ex-Spitzenturnerin Ariella Kaeslin (34) bekannt, dass sie eine Freundin hat. Sie sei deswegen aber nicht lesbisch, erklärt sie nun in einem offenen Interview zu ihrer Sexualität.
Publiziert: 12.01.2022 um 19:04 Uhr
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Aktualisiert: 12.01.2022 um 19:05 Uhr
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Ariella Kaeslin erklärt im SRF ihre Sexualität.
Foto: Screenshot SRF

Zehn Jahre ist es bereits her, da trat Ariella Kaeslin vom Spitzensport zurück. Seit diesem Zeitpunkt ist einiges passiert im Leben des Ex-Turnstars, die mittlerweile eine Ausbildung zur Physiotherapeutin macht.

Im April letzten Jahres gibt die Europameisterin und WM-Silbermedaillengewinnerin am Sprung ihr Coming-Out und teilt mit, dass sie in einer Beziehung mit einer Frau ist.

«Brauche das nicht zu definieren»

Im Interview mit SRF sagt Kaeslin nun, dass sie deshalb aber nicht als lesbisch oder bisexuell kategorisiert werden möchte. «Ich will das einfach nicht. Ich möchte frei und offen bleiben gegenüber allen und jedem. Und für mich selber brauche ich das nicht zu definieren», erklärt Kaeslin.

Dass sie mit ihrem Coming-Out derart offen umgeht und dies auch der Öffentlichkeit mitteilte, habe seine Gründe, so Kaeslin: «Einerseits möchte ich auch andern Menschen das Leben einfacher machen und das passiert, wenn möglichst viele Leute über solche Themen sprechen.»

Kaeslin: «Dazu möchte ich meine Plattform als ehemalige Spitzensportlerin im positiven Sinne nutzen. Und es ist auch für mich viel einfacher und angenehmer, wenn ich nichts verstecken muss.»

«Hätte das nicht zulassen können»

Die festgefahrenen Stereotypen – vor allem im Kunstturnen – machten auch Kaeslin zu schaffen: «Das Bild der optimalen Kunstturnerin ist extrem, möglichst fein definiert, muskulös, weiblich – und doch nicht zu weiblich. Das ist ein ganz klares Bild, welches ich auch selber im Kopf hatte. Frauen, die Frauen lieben, hätten da keinen Platz gehabt. Das hätte nicht gepasst.»

Sie sei diesem optimalen Bild einer Kunstturnerin «hinterhergerannt», so Kaeslin. «Und auch wenn ich gemerkt hätte, während der Karriere, dass ich auch auf Frauen stehe, hätte ich das sicher nicht zulassen können.»

«Checkte erst nicht, was mit mir los ist»

Sie habe auch heute noch «internalisierte Homophobie» in sich selber drin, sagt Kaeslin. «Das heisst, dass ich manchmal Tage habe, an denen ich noch selber an mir zweifle. Mach ich das Richtige? An gewissen Tagen bin ich dagegen stolz darauf und posaune und spreade das überall heraus. Dann habe ich das Gefühl, die ganze Welt ist gay, akzeptiert das und findet das toll.» Es gebe aber auch Tage, an denen «ich müde bin und das nicht möchte. Und trotzdem muss man manchmal».

Auf die Frage, wann sie sich erstmals in eine Frau verliebt habe, erzählt Kaeslin: «Ich glaube, das war irgendwann im letzten Jahr. Ich checkte erst gar nicht richtig, was ist jetzt mit mir los? Ich habe das erst auch versucht, zu verdrängen. Bis ich gemerkt habe, dass das ein Thema ist, dass ich vielleicht doch mal verfolgen sollte. Zum Glück bin ich dem nachgegangen.»

«Mein Mami hatte erst etwas Mühe»

Sich ihrem engen Umfeld anzuvertrauen, sei erst nicht ganz einfach gewesen, erzählt Kaeslin: «Denn ich war mir ja auch noch nicht ganz sicher, ob das wirklich für mich stimmt oder ob das nur so eine Phase ist. Als ich mir dann sicherer war, habe ich mich meinem Umfeld geöffnet, geoutet. Zuerst habe ich das bei meinen Freundinnen und Freunden kommuniziert. Und das ist mega gut angekommen. Sie haben sich für mich gefreut.»

Dann habe sie sich auch ihren Eltern gegenüber geoutet. «Mein Mami hatte erst etwas Mühe damit», so Kaeslin. «Sie hat, glaube ich, keine Sekunde damit gerechnet. Mein Papi hat es mega gut aufgenommen. Heute hat die ganze Familie Freude daran, dass ich auch auf Frauen stehe.» (red)


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