Wenn sich Blätter an den Bäumen verfärben, verändert sich auch Jan van Berkel (35). «Es ist wie bei einem Wolf, der einen Bison sieht. Er fletscht mit den Zähnen und geht in den Angriffsmodus», so der Bülacher. Genau dies geschah in den letzten Wochen. Van Berkel bemerkte bei seinen Laufrunden, wie der Wald langsam, aber sicher sein Herbstkleid annimmt. Ein untrügliches Zeichen, dass auch seine Höhepunkte der Saison anstehen. «Leider wurde der Ironman in Hawaii wegen Corona erneut verschoben. Umso mehr freue ich mich auf den Ironman Switzerland. Da gibt es nur ein Ziel: Ich will den Sieg.»
Die Chancen, dass dies gelingt, sind exzellent. Schon 2018 und 2019 siegte van Berkel – damals fand der Event in Zürich statt, jetzt in Thun. 2020 fiel der Ironman Switzerland ins Wasser. «Ich bin in der Form meines Lebens. Wer mich schlagen will, muss gut sein und würde den Sieg absolut verdienen», sagt der ausgebildete Jurist.
Tauben? Nein, Alpakas!
Wer nun meint, van Berkel befinde sich wenige Tage vor dem Saisonhighlight in einem Tunnel, sieht sich eines Besseren belehrt. Der Beweis? SonntagsBlick trifft ihn auf dem Hof der Familie Meier im Zürcher Unterland. Dort gibt es weder Kühe noch Schweine, sondern Tiere aus den südamerikanischen Anden. Genauer: 25 Lamas und 2 Alpakas.
Van Berkel ist locker drauf. «Das sind meine Trauzeugen», sagt er schmunzelnd. Er meint das weisse Alpaka «Niño» und dessen Gspänli «Prinz» – sie waren bei seinem Hochzeitsfest vor drei Jahren die heimlichen Stars. «Ich wollte keine Tauben, sondern Alpakas. Einige fanden das verrückt, aber mir gefiel das. Und wir haben es nie bereut. Im Gegenteil, wir besuchen sie immer wieder mal.»
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Auf einem Spaziergang mit «Niño» und «Prinz» merkt man sofort, dass van Berkel nicht schwindelt. Gekonnt und ruhig führt er die beiden Alpakas an der Leine. «Man sollte ihnen nicht direkt in die Augen schauen, sonst spucken sie. Aber ansonsten sind es unglaublich schöne und zutrauliche Tiere», so van Berkel.
Er selbst las auch schon ein Buch mit dem Titel «Mein Haustier – ein Alpaka. Tier-Episoden aus dem Leben eines Hobby-Züchters». Wie kam es dazu? «Ich wuchs schon mit Tieren auf und finde es spannend, etwas über sie zu erfahren. Wir haben zu Hause auch zwei Büsis. Ich finde, dass Tiere etwas sehr Entspannendes haben.»
Erstmals ist Söhnchen Tim live dabei
In der Ruhe liegt also die Kraft. Bei den Alpakas, die sich beim Shooting seelenruhig verhalten, aber auch bei van Berkel. «Ich habe meine Hausaufgaben gemacht und bin bereit. Es gibt keinen Grund, nervös zu sein», sagt er.
Früher sei er vor einem solch wichtigen Wettkampf vor lauter Anspannung fast geplatzt, doch dies habe sich auch nach der Geburt seines Sohnes Tim im Januar 2020 verändert, erklärt van Berkel. «Seither bin ich nicht nur für mich verantwortlich, sondern auch für ihn. Das bringt im Alltag einige Herausforderungen, weil ich als Triathlet oft lange trainieren muss. Aber schlecht ist das keinesfalls – es geht einfach darum, Lösungen zu finden. Und Tim gibt mir so viel zurück, dass ich durch ihn nicht nur ein besserer, sondern auch ein noch zufriedener Mensch geworden bin.»
Sicher ist: Egal ob van Berkel in Thun triumphiert oder nicht – weder für die Alpakas noch für Söhnchen Tim spielt das eine entscheidende Rolle.