Triathletin bringt Hoffnung in die Slums Kenias
Ryfs emotionales Engagement für ihren verstorbenen Vater

Daniela Ryf hat in ihrer unvergleichlichen Triathlonkarriere alles erreicht, was sie sich erträumt hat und Preisgelder in Millionenhöhe eingestrichen. Nun setzt sie ihren Fokus auf eine weitere Herzensangelegenheit: Sie hilft Kindern in Kenia.
Publiziert: 02.02.2024 um 13:58 Uhr
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«Die Kinder brauchen Liebe und Zuneigung, das merkt man schnell», sagt Daniela Ryf.
Foto: Daniela Ryf Fund
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Nina KöpferRedaktorin Sport

Irgendwo ausserhalb der Vier-Millionen-Stadt Nairobi, in der staubigen, heissen Slums von Kenias Hauptstadt, steht es. Das Waisenhaus der Paula Mercy Foundation. Ein schmuckloser Bau aus Beton und Blech. Dreissig Kinder erhalten hier ein Dach über dem Kopf und Nahrung. Bis vor kurzem war es eng im Gebäude, die Kinder schliefen dicht an dicht gedrängt. Doch nun wurde das Waisenhaus um ein Stockwerk erweitert. Zu verdanken ist das zu grossen Teilen dem Triathlon-Superstar Daniela Ryf (36).

«Zugegeben, in der Schweiz wären die Bauvorschriften während dem Ausbau wohl nicht eingehalten worden. Aber so läuft das in Kenia. Für die Kids ist es sehr viel wert», sagt die Solothurnerin zur Erweiterung des Waisenhauses. Neben der Foundation unterstützt Ryf mit ihrem kürzlich gegründeten «Daniela Ryf Fund» zwei weitere Hilfsprojekte in Nairobi.

Erste Spende durch Zufall

Dass sie sich so sehr in Kenia engagiert, hängt mit ihrer Familie zusammen. «Meine Stiefmutter stammt aus Nairobi. Mein Vater lebte mit ihr fast zwanzig Jahre in Kenia», erzählt die Ironwoman. Ihre erste grosse Spende entstand allerdings per Zufall. Als ihr Vater vor drei Jahren schwer verunglückte, übernahm Daniela Ryf die Behandlungskosten im Spital in Nairobi. «Das waren etwa 10'000 Franken, die wir sofort bezahlen mussten. Monate später erhielt ich dieses Geld von der Krankenkasse zurückerstattet. Damit hatte ich überhaupt nicht mehr gerechnet.» Sie entschied sich, den unverhofften Batzen einem Hilfswerk vor Ort zu spenden. Ihre Stiefmutter Sophia unterstützte sie bei der Auswahl von seriösen Projekten.

Nebst dem Waisenhaus unterstützt Ryf eine weitere Organisation namens «AfriPads», die wiederverwertbare Binden herstellt. In vielen afrikanischen Ländern ist die Periode ein Tabu, gilt als schmutzig und unrein. Viele Mädchen in den Slums können sich keine Hygieneprodukte leisten und bleiben während der Menstruation zu Hause. «Das hat einen gravierenden Einfluss auf ihre Zukunft, weil sie wegen der verpassten Schule keinen Abschluss machen können», erzählt die Solothurnerin. Gerade als Frau liege ihr dieses Projekt sehr am Herzen.

Foodwaste trotz grossem Hunger

Projekt Nummer drei beschäftigt sich mit Foodwaste. Moment: Foodwaste in Kenia? Wo laut dem Kinderhilfswerk Unicef aktuell fast eine Million Kinder mangelernährt und ein Viertel davon vom Hungertod bedroht ist? «Es ist fast nicht zu glauben, aber ja. Auch in Kenia müssen die Produkte der Bauern für die Grossunternehmer hohe Standards erfüllen. Ist ein Kohlkopf zu klein, wird er aussortiert», erklärt Ryf das Problem. «Farm to Feed», sammelt diese Lebensmittel ein, eine weitere Organisation kocht daraus täglich für tausend Kinder Essen. Ein Menu, das Leben retten kann. Denn für viele der Kinder ist es die einzige Mahlzeit am Tag.

Ein Dach über dem Kopf, Hygieneartikel, Nahrung. All diese Dinge kann Daniela Ryf mit ihrem Fund besorgen. Doch den Kindern fehlt es noch an etwas ganz anderem, das mit keinem Geld der Welt zu kaufen ist: Liebe. Das hat die fünffache Langdistanz-Weltmeisterin vor Ort am eigenen Leib erfahren. «Nimmt man die Kinder in den Arm, wird sofort klar – solche Zuneigung bekommen sie sonst nie. Sie geniessen jede Sekunde einer Umarmung und möchten gar nicht mehr aufhören.»

Würde und Selbstwert vermitteln

Es sind die kleinen Dinge, welche die grössten Veränderungen in den Leben der Kinder auslösen. Dazu gehört auch, eine Mahlzeit mal nicht auf dem Boden sitzend, sondern an einem richtigen Tisch zu essen. «Das ist nichts Lebensnotwendiges. Aber es ist wichtig für ihre Würde, ihr Selbstwertgefühl. Die Kinder müssen wissen: Hey, ich bin wichtig, ich bin wertvoll.»

Mit wenig Geld ist in Kenia viel machbar. Das spornt Daniela Ryf an. Doch auch der Tod ihres Vaters im letzten Jahr hat mit ihrem Engagement zu tun. Mit der Arbeit in seiner Wahlheimat möchte seine Tochter ihn würdigen. «Nach seinem Tod ging mir dieser Gedanke oft durch den Kopf, doch während der Saison hatte ich nie genug Zeit, um etwas Grosses aufzugleisen.»

Nun aber ist die Zeit gekommen. Aktuell verlost die Ironwoman ihr Rennrad, mit dem sie 2021 den Ironman in Tulsa (USA) gewonnen hat. Ab einer Spende von 10 Franken kommen ihre Fans in den Lostopf. Die Solothurnerin erhofft sich, mit der Aktion gut 50'000 Franken zu sammeln. Ein Betrag, der in Kenia unzählige Kinder vor einem brutalen Schicksal bewahren könnte.

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