Entscheidet jetzt Mirka über die Zukunft von Roger Federer? Wohl nicht ausschliesslich, aber die 43-jährige Mutter seiner vier Kinder ist mit Sicherheit eine der wichtigsten Personen im Umfeld für seine Entscheidungsfindung.
Vieles hängt jetzt von der Frau ab, die sich stets schweigend im Hintergrund hält. Ihr Mann sagte immer, dass er nur weiterspiele, solange auch Mirka noch Lust habe auf die Tour und das damit verbundene organisatorisch aufwändige Reisen mit der Grossfamilie. Nach seiner langen Karriere, in deren Dienste und Schatten sie sich in den letzten 20 Jahren gestellt hat, käme sie an erster Stelle. Dann würden ihre Wünsche berücksichtigt und er passe sich an.
Demnächst ist es soweit – wobei das demnächst von sofort bis zu einem Jahr reichen kann. Seiner ersten Reaktion nach der brutal deutlichen Viertelfinal-Niederlage gegen den Polen Hubert Hurkacz, war nichts von einem überstürzten Rücktritt zu entnehmen. «Ich will weiterspielen, käme gerne noch einmal nach Wimbledon zurück», sagte Roger bitter enttäuscht. Gar traurig klangen seine Zweifel über die Zukunft: «Ich weiss es nicht.»
Gespräche im Team und Familienrat
Wenn die erste Trauer verblichen ist, was bei ihm erfahrungsgemäss schnell gehe, wolle er genau darüber dieser Tage mit seinem verschwiegenen Team reden, dem er vertraut. Die Gespräche sind wohl schon heute angelaufen. Seine professionellen Ratgeber – die Trainer Severin Lüthi und Ivan Ljubicic, sein Physio Daniel Troxler und Fitness-Coach Pierre Paganini – werden die Entscheidung, ob und wie lange er noch spielen sollte, weitgehend Federer selbst überlassen. Jeder von ihnen wird selbstverständlich bereit sein, noch ein paar Monate mehr in ihren Freund und Chef zu investieren. Aber nur der fühlt seinen Körper, weiss, ob er noch besser werden kann und spürt, wie viel Motivation jetzt noch in ihm steckt.
Letztere aber könnte direkt im Zusammenhang mit Mirka stehen. Sie ist nicht mit in die Corona-Blase nach Wimbledon gereist, am Telefon werden die beiden kaum ihre Zukunft besprochen haben. Das kann warten, bis ihr Mann daheim angekommen ist. Und dann werden im Familienrat Dinge wie die Olympia-Teilnahme in Tokio oder eine mögliche Wiederaufnahme der Tennis-Tour in den USA diskutiert.
Was rät nun die Ehefrau, wie beeinflusst sie ihren Liebsten? Möglich, dass auch sie zwei Seelen in der Brust hat. Dass sie einerseits findet: «Rodschi, so kannst du nicht abtreten! Nicht, nachdem du so hart gearbeitet, so lange unten durch gegangen bist.» Dass sie andererseits in den letzten eineinhalb Jahren auf den Geschmack eines ruhigeren Lebens zuhause in der Schweiz gekommen ist, wo ihre 11- und 7-jährigen Zwillinge ein geregeltes Kinder- und Schulleben führen können. Und sagt: «Liebling, lass gut sein!»
Kommentar: Die Zeitbombe von Federers Rücktritt tickt