Rafael Nadal (ATP 2) hat mit einer Spätschicht den Halbfinal bei den French Open erreicht.
Der Spanier ringt den Italiener Jannik Sinner (ATP 68) in drei Sätzen mit 7:6, 6:4 und 6:1 nieder. Doch nicht so, dass es der Aussenseiter dem Favoriten leicht macht. Sinner spielt immer wieder tückisch flach und schnell in die Vorhand von Nadal. Das Jungtalent wird schon als neuer Djokovic gehandelt! Im ersten Satz schlägt der Südtiroler gar zum Satzgewinn auf. Nadal pariert aber und holt sich das Tiebreak. Erst der dritte Satz läuft für den Spanier nach Mass. Nach fast drei Stunden auf dem Platz holt sich Nadal den Einzug unter die letzten Vier.
Nadal sauer auf French-Open-Bosse
Als er seinen Matchball verwandelt, ist es allerdings bereits 1.26 Uhr. Das Thermometer zeigt für Tennisspieler ungewohnte 12 Grad an. Rafa zeigt denn auch wenig Verständnis für die Organisatoren. «Es ist gefährlich für unseren Körper, unter diesen Bedingungen zu spielen», kritisiert der Spanier, als er um 2 Uhr zur Pressekonferenz antritt. Das Problem sei aber nicht die Zeit, sondern die Temperatur. «Es ist zu kalt, um Tennis zu spielen. Ich weiss, dass Fussballer unter ähnlichen Bedingungen spielen. Aber das ist etwas anderes: Sie bewegen sich ständig, während es bei uns immer wieder Pausen gibt», so Nadal.
Aus Sicht des Spaniers hätten die Organisatoren eine Nachtschicht mit einem anderen Spielplan durchaus verhindern können. «Ich weiss wirklich nicht, warum sie fünf Spiele auf dem Center Court angesetzt haben.» Tatsächlich fanden neben zwei Männer-Viertelfinals auch zwei Viertelfinals sowie ein Achtelfinal der Frauen auf Court Philippe-Chatrier statt. Ein Monster-Programm, das sich unter anderem wegen Schwartzmans Fünf-Stunden-Schlacht gegen Thiem bis tief in die Nacht hineinzog. Warum alle Einzel des Tages auf den grössten Platz der Anlage gequetscht wurden, bleibt das Geheimnis der Franzosen. Die Tribünen dürfen ja eh nur zu einem Bruchteil gefüllt werden.
Nadal, der sich bei Turnierbeginn bereits über die neuen, schwereren Bälle beschwert hatte, sah das Unheil aber schon am Montag kommen: «Als mir die Organisatoren den Spielplan geschickt haben, dachte ich schon, dass dies passieren könnte. Und das tat es nun auch. Das ist Pech, aber ich habe versucht, so gut wie möglich damit umzugehen.»
Nadal: «Schwartzman ist im Vorteil»
Im Halbfinal wartet nun der Argentinier Diego Schwartzman auf Nadal, der am Dienstag in einem mehr als fünfstündigen Fight Vorjahresfinalist Dominic Thiem (27, ATP 3) niederrang (siehe weiter unten). «Er ist leicht im Vorteil, weil er mich das letzte Mal geschlagen hat», sagt Nadal über den Argentinier, der im Rom-Viertelfinal mit 6:2, 7:5 überraschend die Oberhand behielt. «Die Bedingungen kommen seinem Spiel etwas mehr entgegen», meint der 12-fache French-Open-Champion über die langsamen Platzverhältnisse. «Diese Herausforderung muss ich annehmen. Schliesslich ist es ein Halbfinal.»
Stösst Nadal in den Final vor und gewinnt er diesen, wird es sein 100. Sieg im 102. Match im Stade Roland Garros sein!
Thiem scheitert in Fünf-Stunden-Krimi an Schwartzman
In den letzten beiden Jahren stand Thiem jeweils im Final der French Open. 2020 muss er nach dem Viertelfinal die Koffer packen. In einem fünfstündigen Krimi unterliegt er Diego Schwartzman (28, ATP 14) mit 6:7, 7:5, 7:6, 6:7, 2:6.
Der Österreicher, der zuletzt mit Magenproblemen kämpfte und bereits im Achtelfinal gegen Wawrinka-Schreck Gaston über die volle Distanz gehen musste, liefert sich einen hochstehenden Abnützungskampf mit Schwartzman. Thiem startet besser in die Partie, kann in den ersten beiden Sätzen jeweils mit Break vorlegen. Im Startsatz holt sich Schwartzman dieses zurück, das Tiebreak muss die Entscheidung bringen. Und dieses wird dann eine klare Sache zugunsten des Argentiniers. Gleich mit 7:1 entscheidet er es diskussionslos für sich. Auch im zweiten Satz kämpft er sich zurück, dieses Mal lässt sich Thiem den Durchgang aber nicht mehr nehmen. Der US-Open-Champion schafft den vorentscheidenden Servicedurchbruch zum 6:5.
Danach entwickelt sich ein offener Schlagabtausch, die Partie kann auf beide Seiten kippen. Mit teils unfassbaren Ballwechseln spielen sich die beiden erneut ins Tiebreak. Dieses Mal mit dem besseren Ende für den Österreicher.
Thiems Kräfte schwinden
Der 1:2-Satzrückstand bricht Schwartzmans Widerstand aber keineswegs. Im Gegenteil. Nach einem frühen Break hat er beim Stand von 5:4 drei Chancen, den Durchgang einzutüten. Das lässt Thiem nicht zu und erzwingt das dritte Tiebreak der Partie. Dort gelingt es dem Argentinier dann doch noch, den Entscheidungssatz zu erzwingen.
In diesem merkt man dem Österreicher dann an, dass er nicht ganz fit ist. Während Schwartzman weiter powert, kassiert Thiem beim Stand von 2:3 ein Break zu Null. Das bricht dem Vorjahresfinalisten das Genick, er gewinnt in der Folge nur noch drei Punkte. Nach über fünf Stunden verwertet Schwartzman gleich seinen ersten Matchball und steht erstmals in seiner Karriere in einem Grand-Slam-Halbfinal.
Unerwarteter Halbfinal bei den Frauen
Nadia Podoroska (WTA 131) sorgt bei den French Open für eine Premiere. Die 23-jährige Argentinierin schafft es als erste Qualifikantin in den Halbfinal. Sie setzt sich in 80 Minuten mit 6:2, 6:4 gegen die Ukrainerin Jelina Switolina (WTA 5) durch. Es ist inklusive Quali in Paris ihr achter Sieg in Serie.
Ihre nächste Gegnerin ist die Polin Iga Swiatek (WTA 53). Die 19-Jährige hatte im Achtelfinal bereits die topgesetzte Simona Halep (WTA 2) ausgeschalten und setzt sich gegen die Italienerin Martina Trevisan (26, WTA 159) ebenso souverän mit 6:3, 6:1 durch. Wie für Podoroska ist es auch für sie das erste Mal, dass sie einen Grand-Slam-Halbfinal erreicht. (bir/kes)