US-Spieler prangert an: Egoisten, keine Vorbilder, keine Verbesserungen
«Die Tennis-Welt ist im Moment beschissen»

Noah Rubin gilt schon lange als einer der kritischsten Tennisspieler. Derzeit aber sieht er seinen Sport am Tiefpunkt angelangt
Publiziert: 21.08.2020 um 10:16 Uhr
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Aktualisiert: 24.08.2020 um 11:08 Uhr
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Noah Rubin sieht schwarz für den Tennissport.
Foto: AFP
Cécile Klotzbach

US-Profi Noah Rubin war einmal Wimbledon-Juniorensieger, ist aktuell aber nur die Nummer 225 der Welt und damit für die am 31. August startenden US Open qualifiziert. Ein «Nobody» ist er aber nicht. Immer wieder fällt der 24-jährige Amerikaner, der sich mit seinem Projekt «Behind the Racket» einen Namen gemacht und eine starke Stimme geschaffen hat, durch harte Kritik an der Tennistour auf. Vor allem nach der Corona-Zeit sieht er für Spieler wie sich schwarz.

Er selbst, der in den letzten Monaten eine Extrem-Quarantäne durchlebte, habe den Schläger kaum angefasst. Aus Mangel an Perspektiven. «Wofür soll ich denn aktuell trainieren?», sagt er desillusioniert in einem Interview mit dem Sportportal «spox.com». Mit seiner Klassierung könne er sich nicht auf die US Open oder French Open vorbereiten, Challenger-Events in Europa seien keine Option, weil er aktuell gar nicht aus den USA herauskomme. Zudem seien die kleinen Turniere derzeit eh zu gut besetzt – wie auch das Engagement des Westschweizers Stan Wawrinka in Prag zeigt. Rubin: «Es gibt Stand jetzt kein Turnier für mich. Das ist sehr seltsam, angsteinflössend. Ich habe absolut keine Ahnung, was auf mich zukommt.»

Rubin hatte Reform gefordert

Dieses «Worst-Case-Szenario» hatte der US-Profi schon länger vorausgesehen. Rubin hatte Visionen, wollte nicht tatenlos herumsitzen und meckern, schmiedete stattdessen Pläne für eine Reform im Tennis, welche die Dauer der Saison, der Turniere und auch einzelner Matches verkürzen und straffen sollte. Selbst Opfer eines Systems, «das ihn fast gebrochen hat», schlug er ein Kalender-Modell vor, in dem neben den grösseren Anlässen nur noch in Teams gespielt würde – eine Art Ligensystem, in dem alle Spieler ein festes Gehalt hätten. «So könnten wir sicherstellen, dass die Nummer 300 Geld verdienen kann und die Fans hoffentlich wieder mehr Lust auf Tennis entwickeln», sagte er vor einem Jahr. Er versicherte: «Ich will Dinge bewegen und werde den Tennissport verändern, versprochen.»

Zumindest ein Jahr später, ist nichts von den Vorschlägen des weitsichtigen Mannes umgesetzt oder auch nur angedacht worden. Das frustriert Noah Rubin um so mehr, als dass die Verantwortlichen in der langen Corona-Pause viel Zeit gehabt hätten. «Wir haben sechs Monate verschwendet, lagen sechs Monate nur auf der Couch herum und haben nichts getan. Die Tenniswelt ist beschissen im Moment», spricht er Klartext. «Das macht mich traurig. Ich habe auch während der Pandemie ein paar Mal versucht, etwas zu bewegen. Aber es ist komplett hoffnungslos.»

Für die Zukunft ist Rubin, dessen finanzielle Situation natürlich äusserst schwierig ist, entsprechend pessimistisch: «Ich kann mir gut vorstellen, dass wir viele nach Ende der Pandemie nicht mehr auf der Tour sehen werden. Jemand, der um die 300 im Ranking steht und 29 oder 30 Jahre alt ist, wird sich sehr gut überlegen, ob er sich nicht einfach einen anderen Job sucht. Weil es so keinen Sinn mehr ergibt.» Die Konsequenz: «Tennis wird immer weiter hinter andere Sportarten zurückfallen.»

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