Wie gut hat Novak Djokovic den ganzen Rummel um seinen Rauswurf an den US Open verarbeitet? Sportlich beantwortet er diese Frage bei seinem ersten Grand-Slam-Auftritt seit der Disqualifikation mit einem lockeren Drei-Satz-Sieg über den Schweden Mikael Ymer (22, ATP 80). Und doch scheint er den Druck, der auf ihm lastet, noch immer zu spüren. Nur so ist zu erklären, dass sich der Serbe während der Partie von einem Fan ablenken lässt.
Djokovic führt komfortabel 6:0, 6:2, 3:3, als die TV-Kameras seine bösen Blicke in Richtung Tribüne einfangen. Adressat ist offenbar ein Zuschauer, der sich mit Cap und T-Shirt eindeutig als Federer-Fan zu erkennen gibt. Weil der Court Philippe-Chatrier nur spärlich gefüllt ist, sind seine Zwischenrufe auch unten auf dem Platz bestens zu hören. Die Schutzmaske kann seine Freude über die Reaktion des sichtlich angepissten Djokers nicht verbergen.
Wenig später erhält der Fan dann noch mehr Aufmerksamkeit von der Weltnummer 1: Nach gewonnenem Game wirft ihm Djokovic auf dem Weg zur Spielerbank provokativ ein Küsschen zu. Von einem «French Kiss» ist der Schmatzer weit entfernt.
Djokovic: «Ein Freund aus meiner Kindheit»
Novak spielt die Szene natürlich herunter, als er nach dem Einzug in die zweite Runde darauf angesprochen wird. «Das ist ein Freund aus meiner Kindheit», meint Djokovic sarkastisch. «Ich habe ihm einen Kuss geschickt, nachdem ich das Game gewonnen habe. Es war einfach schön, ihn mal wieder zu sehen», so der Serbe nach dem Spiel.
Coole Reaktion hin oder her: Der Zwischenfall ist doch ein Indiz für die mentale Belastung, die Djokovic offenbar spürt. In jüngeren Jahren hätte er sich von einem Fan-Zwischenruf nicht so leicht beeinflussen lassen. Aber für den 33-Jährigen steht in Paris viel auf dem Spiel: Einerseits will er sich für den Aussetzer in New York rehabilitieren, andererseits kann er mit einem 18. Major-Titel Rafael Nadal (19 Titel) und Roger Federer (20) im Allzeit-Vergleich weiter auf die Pelle rücken. (cmü)